Dienstag, 12. Februar 2013

Tage in Burma 4: In Mandalay

8.1.2013 bis 10.1.2013
Morgens um 5 Uhr kommen wir in Mandalay an, der Bus stoppt einfach an einer Straße irgendwo in der Stadt und alle müssen aussteigen, keine Ahnung, wo wir sind. Aber eine Art Restaurant hat zu dieser frühen Stunde schon geöffnet. Dort sitzen wir 1 1/2 Stunden ab, bis es hell wird. Wir sind total durchgefroren. Mandalay liegt zwar im Tiefland, aber immerhin befinden wir uns jetzt ca. 700 km weiter im Norden, morgens und abends wird es hier richtig frisch - und wir haben fast alle warmen Sachen in Bangkok gelassen. Tagsüber steigen die Temperaturen auf angenehme 30 Grad oder mehr, im Sommer (jetzt herrscht ja Winter) werden leicht bis 45 Grad erreicht.
Um 7 Uhr können wir schon im Golden Country Hotel einchecken, das Wah Wah für uns organisiert hat und eine sehr gute Wahl ist, schönes, großes Zimmer, sehr nettes und hilfsbereites Personal. Wir holen etwas Schlaf nach und erkunden dann die Stadt zu Fuß, die Räder sind ja immer noch vom Flug verpackt.

Wir wollten schon immer nach Mandalay, vielleicht weil der klangvolle Name mit einem gewissen Mythos verbunden ist oder weil die Stadt für Ausländer lange Zeit so schwer erreichbar war. 2003 hat das nicht geklappt, weil wir unsere Reise damals krankheitsbedingt schon nach einer Woche abbrechen mussten und über Yangon und Umgebung gar nicht hinauskamen. Jetzt sind wir endlich hier und müssen etwas ernüchtert feststellen, dass Uta recht hatte mit ihrer Warnung, Mandalay sei keine besonders schöne Stadt. Charme oder ein besonderes Flair hat sie wirklich nicht. Die alte Bausubstanz wurde weitgehend zugunsten gesichtsloser Betonklötze vernichtet, die Straßen sind extrem staubig, denn Mandalay liegt im Zentrum von Burmas Trockenzone, alles ist hier mit einer Staubschicht überzogen. Zur Zeit wird an vielen Stellen an der Kanalisation gearbeitet, speziell in der Umgebung unseres Hotels, d.h. die Kanäle liegen offen, der Inhalt türmt sich an den Seiten - das trägt natürlich auch nicht unbedingt zu einem attraktiveren Erscheinungsbild bei. 

Die Entfernungen in Mandalay sind groß, an unserem ersten Tag legen wir auf den staubigen, lärmigen  Straßen fast 20 km zu Fuß zurück, weil wir die Distanzen falsch eingeschätzt haben und kein Taxi für den Rückweg finden können. Mandalay ist definitiv keine Stadt für Fußgänger.  Einen ganz anderen Zugriff bekommt man, wenn man sich aufs Rad setzt und die Stadt per Drahtesel erkundet. Da schrumpfen nicht nur die Entfernungen, man entdeckt dann auch schnell ruhigere Ecken und interessante Straßen und Viertel abseits der Haupttouristenpfade. Auch wenn wir uns am Anfang mit Mandalay etwas schwer tun - am Ende und v.a. nach der Rückkehr von unserer Fahrradtour fühlen wir uns hier richtig wohl.  Außerdem gibt es in Mandalay viel anzuschauen und die Stadt ist Zentrum des religiösen Kunsthandwerks; hier kann man z.B. Blattgoldschlägern bei ihrer Arbeit zusehen oder die Herstellung von Buddhas beobachten, auch Ausflüge in die Umgebung sind möglich.

Was uns am ersten Tag bei unserem Marsch durch die Stadt auch auffällt, ist die Dichte an "Biergärten", praktisch alle paar Meter kommen wir an einer "Kneipe" vorbei, obwohl Alkohol in Burma vergleichsweise teuer ist und für die Einheimischen eher ein Luxusgut darstellt. Bier wird dort aber gar nicht so viel konsumiert, die Burmesen bevorzugen Whisky, den sie mit eiskaltem Wasser verdünnen. Als wir später mit den Rädern unterwegs sind, ist es zwar oft schwierig, ein akzeptables Restaurant zu finden, eine "Kneipe", hier oft "Beer Station" genannt, gibt es aber immer, selbst in Orten, die nur aus ein paar Hütten bestehen, für uns sehr praktisch, weil wir dort auch kalte Softdrinks und Wasser bekommen und für eine Rast einkehren können. Es gibt sicher jede Menge Ehekräche in Burma, weil viele Männer das Geld in den Bierstuben durchbringen, Frauen sieht man dort so gut wie nie.

Wir schauen uns die Mahamuni-Pagode im Süden von Mandalay an, die wegen der sitzenden, fast 4 m hohen Buddha-Statue zu den Hauptpilgerzielen des Landes zählt. Der Buddha ist so dick mit Blattgold bedeckt, das u.a. Gläubige dort im Laufe der Zeit anbrachten, dass er schon nicht mehr elegant und erhaben, sondern eher etwas unförmig und übergewichtig aussieht. Uns wundert, dass gar nicht so viele Touristen zu sehen sind. Mandalay scheint touristisch eher ein Nebenschauplatz zu sein. Hauptsächlich zieht es die Leute hier oben im Norden wohl nach Bagan und an den Inle-See.

Am zweiten Tag in Mandalay steht nur Kultur auf dem Programm. Wir schauen uns den ehemaligen Königspalast an, eine klassische Touristenfalle, denn die ursprünglichen Gebäude wurden im 2. Weltkrieg durch Brände zerstört, als es zu erbitterten Gefechten zwischen vorrückenden britischen Truppen und den japanischen Streitkräften kam, die Mandalay seit 1942 besetzt hielten. Was man heute sieht, sind Rekonstruktionen aus den 90er Jahren, die man nicht unbedingt als gelungen bezeichnen kann. Nach burmesischer Tradition wurden viele Paläste vollständig aus Holz gebaut und fielen dann leider irgendwann Flammen zum Opfer. Nur ein Gebäude des alten Königspalastes hat überlebt, weil es Ende des 19. Jahrhunderts zerlegt und außerhalb der Palastmauern wieder aufgebaut wurde und somit von den Bränden verschont blieb. Es ist das Shwenandaw-Kloster, ein prächtiger Teakholzbau und wirklich wunderschön. Sehr beeindruckend  finden wir auch die Kuthodaw- und die Sandamani-Pagode in der Nähe, beide mit einer riesigen Anzahl kleiner, weiß getünchter Pagoden bestückt, die Schrifttafeln enthalten.

Wir trauen uns dann doch wieder an burmesisches Essen, aber die Qualität ist so bescheiden, dass wir vorerst auf Tütensuppen umsteigen, die wir uns im Hotel mit dem Tauchsieder aus Sri Lanka zubereiten. Schade, für uns gehört die Esskultur eines Landes immer zum Reiseerlebnis dazu. Doch nicht nur wir haben ein Problem mit der burmesischen Küche, auch andere sind davon nicht besonders angetan, aber in einem so armen Land kann man auch keine hohe Kochkunst erwarten.

Dann machen wir unsere erste Fahrradtour in Burma, zur gut 10 km südlich von Mandalay gelegenen U Bein-Brücke. Mandalay ist zwar mit ca. einer Million Einwohnern insgesamt beschaulicher als die 5 - Millionenmetropole Yangon, aber der chaotische Stadtverkehr ist nach der langen Fahrradpause durchaus gewöhnungsbedürftig. Wir fahren vorsichtig, damit die Knochen heil bleiben, im Krankenhaus möchte man bei den hygienischen Verhältnissen hier nicht landen. Burma hat z.B. eine sehr hohe Aidsrate, ein Problem, das von der Militärjunta jahrelang verschwiegen und dadurch noch verschlimmert wurde. 

Auf der Rückfahrt läuft es besser, da werden wir schon mutiger. Wenn man hier zimperlich ist, kommt man nie über eine Kreuzung, Ampeln gibt es kaum.
Die U Bein-Brücke gehört zu den Hauptsehenswürdigkeiten in der Umgebung von Mandalay. Sie führt über einen See und ist die längste Teakholzbrücke der Welt, um 1850 gebaut und heute etwas zerbrechlich aussehend. Von der einstigen Vergoldung ist nichts mehr zu erkennen, trotzdem ist sie sehr beeindruckend. Die Brücke zieht nicht nur viele ausländische Besucher an, wir sehen auch zahlreiche burmesische Touristen; fein herausgeputzt und deshalb besonders schön anzusehen sind vor allem die jungen Damen in ihren schicken Longyis, dem traditionellen Wickelrock für Frauen und Männer, der überall in Burma noch sehr verbreitet ist.

Am Abend bereiten wir unsere Abreise vor und gehen noch für einen kurzen Spaziergang raus. Unser Hotel liegt in einer feinen Wohngegend etwas abseits des Zentrums. Hier gibt es ziemlich pompöse Häuser, dazwischen aber auch ganz einfache Hütten. Nur ein paar Meter von unserem Hotel entfernt legen die Bewohner der Straße ihren Müll ab, der dann irgendwann von der Müllabfuhr abgeholt wird. Jeden Abend sehen wir einen Mann und eine Frau, ganz reinlich und ordentlich gekleidet, die in dem stinkenden Haufen nach Verwertbarem suchen, v.a. nach Plastikflaschen. Sie haben zwei kleine Kinder, die derweil in einem Pappkarton sitzen und spielen. Man möchte gerne helfen, aber wie?
Nach Einbruch der Dunkelheit darf man seine Unterkunft übrigens nie ohne eine Taschenlampe verlassen, die Straßen sind extrem schlecht oder gar nicht beleuchtet. Auch im Hotel muss wegen der ständigen Stromausfälle immer eine Taschenlampe griffbereit liegen. Viele Hotels haben einen Generator, aber eben nicht alle.




 Ankunft in Mandalay um 5 Uhr morgens -
zum Glück hat dieses Restaurant schon geöffnet.



Unser Hotel in Mandalay



Einer von vier Zugängen zur Mahamuni-Pagode
 





Die vergoldete Buddha-Statue in der Mahamuni-Pagode ist für burmesische Buddhisten ein ganz besonderes Wallfahrtsziel.





 In der Nähe der Mahamuni-Pagode befindet sich  das Zentrum des religiösen Kunsthandwerks in Mandalay.  Hier werden z.B. Buddhastatuen aus Stein hergestellt.





Das Gesicht dieser Statue bedarf noch weiterer bildhauerischer Bearbeitung.


Holz ist natürlich leichter zu bearbeiten.


Hier wird hauchdünnes Blattgold "geschlagen",
das später vielleicht einmal den Mahamuni-Buddha zieren wird. 



Politische Propaganda am Eingang zum ehemaligen Königspalast:
"Tatmadaw" ist die (früher) allmächtige burmesische Armee.



Wir machen es uns einmal einfach und lassen uns mit der Fahrradrikscha zum Palast bringen.




Blick vom Aussichtsturm auf den nachgebauten Königspalast 




Abendstimmung an der Palastmauer




 Die Sandamani-Pagode mit ihren unzähligen kleinen Stupas




Vor der Pagode: Diese Kinder haben gerade eine Eidechse gefangen.




Vor der Kuthodaw-Pagode: Das Freilassen von Vögeln ist eine gute Tat und bringt Pluspunkte für die Wiedergeburt - das kann man sich schon mal ein paar Tausend Kyat kosten lassen.




 Viele Burmesen sind abergläubisch: Hier kann man sich seine Zukunft aus der Hand lesen lassen.



Buddhistische Nonnen beim Almosengang (1)




Buddhistische Nonnen beim Almosengang (2)



Die berühmte U Bein-Brücke in der Nähe von Mandalay 




Mönche auf der U Bein-Brücke 




Junges Mädchen mit Kopflast auf der Brücke 




Auch bei jungen burmesischen Ausflüglern ist die Brücke sehr beliebt.



Fischerboot in der Nähe der Brücke