Samstag, 19. September 2015

Polen und Litauen Sommer 2015, Teil 1: Polen



Masuren:  20.7.2015  bis  26.7.2015


391 km
2262  Höhenmeter


Die Sommerferien sind noch nicht vorbei, als wir unsere Deutschland- umrundung im Sommer 2015 abgeschlossen haben. Es gäbe viele Möglichkeiten, die noch verbleibende Zeit zu nutzen, z.B. den Radweg Berlin-Usedom, aber am Ende entscheiden wir uns für eine Reise durch Masuren und weiter nach Litauen, denn von dort aus haben wir die Möglichkeit, eine Fähre nach Kiel zu nehmen, was uns eine aufwendige Rückreise per Bahn erspart. Außerdem ist diese Route auch aus historischen Gründen interessant für uns. Von Svinemünde nach Danzig nehmen wir den Zug. Würden wir diese sicher auch sehenswerte Strecke mit dem Fahrrad fahren, könnten wir Masuren und Litauen nicht mehr schaffen. 

Sehr spät kommen wir erst gegen 20 Uhr in Danzig an, finden zwar schnell in die Altstadt, aber alle Hotels, bei denen wir anfragen, sind ausgebucht. Klar, jetzt ist Hochsaison! Dann stoßen wir rein zufällig auf das Hostel Zappio, ein Gast hat gerade abgesagt und wir bekommen für 65 € ein luxuriöses Apartment mit Wohnzimmer, Küche, Schlafzimmer und Bad in einem wunderschönen alten Haus mitten in der Altstadt, Frühstück inclusive, allerdings nur für eine Nacht. Wir gehen noch zur nur wenige Schritte entfernten Uferpromenade am Fluss Motlawa, die von Restaurants und Cafés gesäumt ist. Es ist viel los, 1,5 Millionen Touristen besuchen Danzig jährlich. Wir belassen es heute bei einem Abendspaziergang und essen in unserem Hotel die besten Piroggen unserer gesamten Polenreise, lecker gefüllt mit Lachs und Kartoffeln.  


Am nächsten Morgen müssen wir uns nach einer neuen Unterkunft umschauen, wieder haben wir Glück und können für eine Nacht im 
4-friendshostel an der Uferpromenade der Motlawa einchecken. Der Rest des Tages ist vollgepackt. Wir spazieren durch die Straßen der Altstadt, die im 2. Weltkrieg zu mehr als 90 % zerstört, aber nach dem Krieg weitgehend authentisch wiederaufgebaut wurde und sich heute als wahres Schmuckstück präsentiert. Besonders schön ist die Mariacka, wo die Häuser noch mit den für das frühere Danzig so charakteristischen Beischlägen geschmückt sind, terrassenartigen Vorbauten vor dem eigentlichen Hauseingang mit Brüstungen und Freitreppen. Ursprünglich als Hochwasserschutz gedacht, entwickelten sie sich nach und nach zu Statussymbolen der reichen Kaufleute und so entstanden prächtige, mit Skulpturen geschmückte Veranden. Die Prachtstraße von Danzig aber ist die Lange Gasse (Długa) und der sich daran anschließende Lange Markt (Długi Targ). Hier befinden sich wichtigsten Sehenswürdigkeiten und besonders schöne Kaufmannshäuser – alles Nachbauten, im 2. Weltkrieg wurde die Straße, in der einst die wohlhabendsten Bürger der Stadt wohnten, völlig zerstört. Sehenswert ist auch die Uferpromenade am Fluss Motlawa, die Długie Pobrzeże, beliebte Flaniermeile für Touristen mit vielen Restaurants und dem vielleicht bekanntesten Wahrzeichen von Danzig, dem mächtigen Krantor.  

Natürlich schauen wir uns auch das Postamt an, das am 1. September 1939 fast zeitgleich mit dem Angriff des deutschen Kriegsschiffs „Schleswig-Holstein“ auf die Westerplatte von der SS-Heimwehr Danzig und Polizeitruppen der Freien Stadt attackiert wurde. Seit dem März 1939 hatte die NS-Führung gegenüber Polen einen immer aggressiveren Konfrontationskurs eingeschlagen, was die deutsch-polnischen Spannungen zunehmend verschärfte. Danzig, vorher zum Deutschen Reich gehörend und zu über 90 % von deutschsprachiger Bevölkerung bewohnt,  war 1920 durch das Inkrafttreten des Vertrags von Versailles zu einem unabhängigen Staat, der Freien Stadt Danzig, erklärt und unter den Schutz des Völkerbunds gestellt worden. Durch Gebietsabtretungen um Danzig war außerdem der sogenannte polnische Korridor entstanden, der Polen den Zugang zur See eröffnete, Danzig und Ostpreußen aber vom Deutschen Reich abtrennte. Die NS-Führung forderte nun den Anschluss von Danzig an das Deutsche Reich und den Bau exterritorialer Verkehrsverbindungen durch den polnischen Korridor nach Ostpreußen, was von Polen abgelehnt wurde. In Wirklichkeit wollte Hitler natürlich noch mehr. Zu seinen grundlegenden Zielen gehörte von Anfang an die Eroberung von „Lebensraum im Osten“ und Voraussetzung dafür war ein Krieg gegen Polen.

Durch den Völkerbund waren Polen Hafenrechte in Danzig zugestanden worden. Außerdem durfte Polen im Danziger Hafen und in der Altstadt einen eigenen Postdienst einrichten, um den Postverkehr zwischen Danzig und Polen abzuwickeln. Im gesamten Stadtgebiet wurden zehn polnische Briefkästen aufgestellt und polnische Postbeamte stellten in Danzig die Briefe zu. Das war der NS-Führung natürlich ein Dorn im Auge, denn eine polnische Post hatte in einer Stadt, die ihrer Meinung nach eigentlich zu Deutschland gehörte, nichts zu suchen. 

Die polnische Regierung war über die deutschen Kriegsvorbereitungen informiert, im Postgebäude in der Altstadt wurde ein Waffendepot zur Verteidigung angelegt. Der tatsächliche deutsche Angriff in den frühen Morgenstunden des 1. September 1939 kam trotzdem überraschend. Die etwa 50 polnischen Postbeamten leisteten 14 Stunden lang Widerstand, bis sie sich schließlich ergaben. Heute ist in dem Postamt, das als bedeutendes Symbol für den polnischen Widerstand gegen die übermächtigen deutschen Angreifer gilt, ein kleines, sehr interessantes Museum untergebracht, das an die Ereignisse vom 1. September 1939 erinnert. Hier findet aber auch noch ganz normaler Postbetrieb statt.

Am Nachmittag fahren wir mit einer Fähre zur Westerplatte, einer Halbinsel in der Danziger Bucht. Hier fielen am 1. September 1939 um 4.45 Uhr die ersten Schüsse des Zweiten Weltkriegs, als das deutsche  Kriegsschiff „Schleswig-Holstein“ die polnischen Befestigungen attackierte.  Die Deutschen waren sich sicher, die relativ kleine polnische Besatzung von ca. 200 Mann im Handstreich zu nehmen, aber der Widerstand war größer als erwartet, obwohl die Polen nur über eine relativ schwache Bewaffnung verfügten. Sieben Tage lang leisteten sie erbitterten Widerstand, bis sie sich schließlich ergaben. Heute erinnert auf der Westerplatte das „Denkmal der Verteidiger der Küste“ an die polnischen Soldaten, die sich den deutschen Angreifern so mutig entgegenstellten. Außerdem gibt es eine Freilichtausstellung mit Informationen zu den damaligen Ereignissen. Die Westerplatte war 1924 auf Beschluss des Völkerbundes den Polen übergeben worden. Die polnische Regierung war sich der von Seiten Hitlerdeutschlands drohenden Gefahr bewusst und traf schon seit 1935 verstärkte Verteidigungsmaßnahmen. Weil sich die Westerplatte außerhalb der polnischen Landesgrenzen befand, gab es dort besondere Sicherheitsvorkehrungen, deren Basis Kasernen und Wachgebäude bildeten. Überreste dieser Gebäude kann man heute noch auf der Westerplatte sehen, die trotz allem in Polen ihren deutschen Namen behalten hat. Für uns ist das ein überaus interessanter Ausflug.

Der Tag war sonnig und warm, am Abend regnet es leicht und aus dem Fenster unseres Hostels können wir einen spektakulären doppelten Regenbogen über dem Fluss Motlawa beobachten. Gerne würden wir noch einen Tag länger in Danzig bleiben, aber dann müssten wir schon wieder eine neue Unterkunft suchen. 

Unser nächstes Ziel ist Malbork, ca. 60 km südlich von Danzig. Dorthin gibt es keine gute Fahrradverbindung, deshalb nehmen wir die Bahn. Etwas außerhalb von Malbork liegt am Ufer der Nogat sehr fotogen die Marienburg, die größte der Deutschordensburgen. Ohne den Deutschen Orden hätte es das deutsche Ostpreußen nicht gegeben. Die Ordensritter hatten sich ab dem 13. Jahrhundert im Kampf gegen die heidnischen Pruzzen (von denen sich der Name „Preußen“ ableitet) entlang der Ostseeküste ein Herrschaftsgebiet geschaffen, das von Pomerellen (Danzig und Umgebung) bis Estland reichte. Anfangs noch verbündet mit Polen, geriet der Orden später zunehmend in Konkurrenz zu den katholischen Glaubensbrüdern, die sich ihrerseits mit Litauen zusammentaten. 1410 erlitten die Ordensritter in der Schlacht von Tannenberg eine schwere Niederlage gegen die polnisch-litauische Allianz, die den Niedergang des Deutschen Ordens in Preußen einläutete. Die Marienburg ist heute eine der wichtigsten touristischen Attraktionen in Polen, entsprechend viel ist hier los. Es gibt Restaurants, Imbissbuden, Verkaufsstände. Die Burg kann nur im Rahmen einer Führung besichtigt werden, darauf verzichten wir, mit den bepackten Rädern ist das einfach zu unpraktisch und zeitaufwendig, wir könnten die Burg nur nacheinander anschauen. 

Weiter geht es mit der Bahn nach Elbląg (dt. Elbing), erst von dort aus starten wir unsere Fahrradtour durch Polen. Über die Elbinger Höhen radeln wir nach Frombork, der Radroute R 1 folgend. Ein Radweg ist das aber nicht, wir müssen Landstraßen benutzen, gewöhnungsbedürftig für uns, waren wir doch während unserer gesamten Deutschlandumrundung fast nur auf Radwegen unterwegs. Frombork (dt. Frauenburg) liegt direkt am Frischen Haff und profitiert vor allem vom Kopernikus-Tourismus. Der berühmte Astronom lebte und arbeitete über Jahrzehnte in dem kleinen Ort. Wir übernachten in einem Hotel direkt gegenüber dem imposanten Frauenburger Dom. Am nächsten Morgen wollen wir noch zum Frischen Haff, aber es gießt wie aus Eimern. Das Frische Haff wird durch die Frische Nehrung, eine ca. 70 km lange Halbinsel, von der offenen Ostsee abgetrennt. Als die Rote Armee am Ende des Zweiten Weltkriegs nach Westen vordrang, schnitt sie zehntausenden ostpreußischen Flüchtlingen den Landweg ab, weshalb diese den Weg über das zugefrorene Haff nahmen. Tausende erfroren oder starben durch sowjetische Luftangriffe….

Wir warten im Hotel eine Regenpause ab und fahren erst dann los. Allerdings beginnt es kurze Zeit später schon wieder zu schütten. Fast 2 Stunden radeln wir in strömendem Regen, aber in dem trostlosen Ort Pieniężno, der früher den wenig poetischen deutschen Namen Mehlsack trug, kommt schließlich die Sonne durch und so wird es doch noch ein wunderbarer Tag. Es ist die vielleicht schönste Etappe unserer kurzen Polenreise, über ruhige Straßen, durch verträumte Orte, in denen die Zeit stehengeblieben scheint. Viele Störche sehen wir, prächtige Bauerngärten mit Phlox, Stockrosen und üppigen Lilien. Am Nachmittag erreichen wir Lidzbark Warmiński und beschließen, in diesem hübschen Ort zu bleiben. Heilsberg, so der frühere deutsche Name, wurde 1240 vom Deutschen Orden gegründet und war bis zu seiner Zerstörung am Ende des Zweiten Weltkriegs eine der schönsten Städte Ostpreußens. Die Burg Heilsberg, bis Ende des 18. Jahrhunderts Sitz der ermländischen Bischöfe, blieb aber fast unversehrt und gilt neben der Marienburg als die am besten erhaltene Wehranlage der Ordenszeit. Heute ist in der trutzigen Anlage ein Museum untergebracht, die südliche Vorburg dient als Hotel. 

Am nächsten Morgen geht es weiter nach Reszel, ebenfalls ein hübscher Ort mit einer sehr schönen Altstadt und einer mächtigen Burg des Deutschen Ordens. Vor dem Marienwallfahrtsort Święta Lipka mit seiner barocken Basilika zeigt ein großes Schild an, dass wir jetzt in Masuren sind, obwohl die Region eigentlich geographisch nicht eindeutig festgelegt ist. Bis zur Wolfsschanze ist es schon nicht mehr weit, wir zelten bei einer Agroturystyka-Unterkunft in dem kleinen Ort Czerniki ca. 5 km davor. Am nächsten Morgen sind wir um 8 Uhr fast die einzigen Besucher auf dem Gelände. Die Wolfsschanze war eines der Führerhauptquartiere während des Zweiten Weltkriegs und wurde ab 1940 in dichtem Wald errichtet. Den Decknamen hatte Hitler selbst gewählt, in Anlehnung an die Bedeutung seines Vornamens (ahd. „adal“ (edel) + „wolf“ = Adolf) Seit dem Beginn des Russlandfeldzugs 1941 war die Wolfsschanze der Hauptaufenthaltsort von Hitler. Als im Januar 1945 die Rote Armee anrückte, wurden alle Objekte von der zurückweichenden Wehrmacht gesprengt. Die besonders massiven Bunker, wie der von Hitler, hatten bis zu 10 Meter dicke Wände und Decken, die auch von schwersten Sprengladungen nicht zerstört werden konnten. Die Ruinen sind selbst in ihrem heutigen Zustand noch beeindruckend. Wir lassen uns viel Zeit bei unserem Rundgang. Von der Baracke, in der am 20. Juli 1944 das Attentat auf Hitler durch Claus Schenk Graf von Stauffenberg verübt wurde, sind nur noch wenige Reste übrig. Vier Personen wurden damals getötet, neun schwer verletzt. Hitler erlitt lediglich leichte Verletzungen. Stauffenberg hatte nur ein Kilo Sprengstoff statt der geplanten zwei aktivieren können. Außerdem war die Aktentasche mit der Bombe zufällig von einem Offizier aus der unmittelbaren Nähe zu Hitler entfernt worden. Stauffenberg verließ die Wolfsschanze in der Annahme, das Attentat sei geglückt, und flog zurück nach Berlin, wo er in der Nacht zum 21. Juli zusammen mit anderen Mitverschwörern erschossen wurde. Als wir das Gelände nach zwei Stunden verlassen, ist der Andrang schon groß. Ca. 200.000 Besucher zieht die Wolfsschanze jedes Jahr an. 

Knapp 20 km weiter treffen wir auf die nächsten Spuren nationalsozialistischer Vergangenheit, den sogenannten Mauerwald. Hier befand sich von 1941 bis 1944 das Hauptquartier des OKH (Oberkommando des Heeres) mit über 250 Objekten, darunter 30 Bunker.  Die Deutschen zogen im Januar 1945 ab, ohne die Anlage zu sprengen. Sie zählt deshalb zu den besterhaltenen Bunkerkomplexen aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Nur einige Bunker sind zur Besichtigung freigegeben, in einem ist ein Museum mit ziemlich makabren Objekten untergebracht. Wir übernachten in der nicht weit entfernten schönen Kleinstadt Węgorzewo am Mauersee, einem Zentrum für den Tourismus in Nord-Masuren.

Am nächsten Tag fahren wir auf sehr schöner Strecke über ruhige Straßen der litauischen Grenze entgegen. Viele Störche sehen wir und herrliche Bauerngärten. Der einzige größere Ort auf der Strecke ist Gołdap, wo wir Mittagspause machen. Hier sind wir nur noch wenige Kilometer von der deutsch-russischen Grenze entfernt. Kaliningrad, das frühere Königsberg, wäre natürlich noch ein interessantes Ziel gewesen, aber das hätten wir wegen der Visumspflicht längerfristig organisieren müssen. Es ist unser letzter Tag in Polen, eigentlich sind wir für den Abend bei einem litauischen „warmshowers“-Mitglied ca. 30 km hinter der Grenze angemeldet. Aber nach mehr als 100 km müssen wir einsehen, dass wir das nicht mehr schaffen können, schade, das wäre vielleicht eine interessante Begegnung geworden. Wir bleiben in dem polnischen Dorf Wiżajny.






Unsere Strecke durch Polen und Litauen:

Polen litauenStepMapPolen litauen









Die Mariacka ist eine der schönsten Straßen in Danzig.
Hier sind die Kaufmannshäuser noch mit den für das frühere Danzig so charakteristischen Beischlägen geschmückt. Das sind erhöhte, terrassenartige Vorbauten vor dem eigentlichen Hauseingang, die ursprünglich als Hoch- wasserschutz gedacht waren, sich aber nach und zu Statussymbolen der reichen Kaufleute entwickelten. So entstanden prächtige, mit Skulpturen geschmückte Veranden. Früh am Morgen ist in der Mariacka noch wenig los.....




...... das ändert sich im Laufe des Tages, wenn die Kunsthandwerkläden, Galerien und Bernsteinwerkstätten öffnen. Im Hintergrund sieht man die Marienkirche.



Blick von der Marienkirche auf die Długa (Lange Gasse), die prächtigste Straße in Danzig, in der früher die reichen Kaufleute wohnten. Links im Bild sieht man den Turm des Rathauses.



Das reich verzierte Zeughaus am Holzmarkt diente vor allem der Lagerung von Waffen und Munition. Heute wird das Gebäude von der Kunsthochschule genutzt.



An der Uferpromenade der Motlawa:  Ein Touristenschiff kehrt von einem Ausflug zur Westerplatte zurück. Das große Gebäude auf der anderen Flussseite ist die Baltische Philharmonie.


Insgesamt 13 Stadttore hat Danzig zu bieten. Eines der bekanntesten ist das Goldene Tor am Ende der Długa (Lange Gasse). Hinter dem Goldenen Tor sieht man den Stockturm.



Wir hatten großes Glück, in der Hauptsaison ohne Reservierung mitten in der Altstadt von Danzig eine Unterkunft zu finden. Dies ist der Blick aus unserem zweiten Hotel  "4-friendshostel" auf den Fluss Motlawa.


Das polnische Postamt wurde am frühen Morgen des 1. September 1939 fast zeitgleich mit dem Angriff des deutschen Kriegsschiffs "Schleswig-Holstein" auf die Westerplatte von der SS-Heimwehr und Polizeitruppen der Freien Stadt Danzig attackiert. Mehr als 50 Postbeamte stellten sich den Angreifern entgegen, sie waren vorbereitet und verfügten an jenem Tag über etwa 40 Pistolen, drei Maschinengewehre und drei Kisten voller Handgranaten.  Die mutigen Beamten hatten den Auftrag, das Amt so lange zu verteidigen, bis polnische Truppen als Verstärkung anrückten. Doch die erhoffte militärische Unterstützung blieb aus. Erst nach mehr als 14 Stunden Kampf ergaben sich die überlebenden Verteidiger und wurden wenige Wochen später von einem Kriegsgericht wegen Freischärlerei zum Tode verurteilt und erschossen, ihre Leichen an versteckter Stelle verscharrt. Neben der Westerplatte ist das Danziger Postamt bis heute ein bedeutendes Sympol für den polnischen Widerstand gegen die übermächtigen deutschen Angreifer. Der Kampf um die Post spielt auch in Günter Grass' "Blechtrommel" eine Rolle.



Das polnische Postamt in Danzig am 1. September 1939.


Drei Panzer der SS-Heimwehr Danzig,
weiß beschriftet mit "Sudetenland", "Ostmark" und "Saar",
nahmen an der Erstürmung des polnischen Postamts in Danzig teil.


Zur Erinnerung an die Ereignisse vom 1. September 1939
ist heute in dem Postamt ein kleines Museum untergebracht, das 1979 am 40. Jahrestag des Angriffs eröffnet wurde.
Hier findet aber auch noch ganz normaler Postbetrieb statt.


Die Uferpromenade an der Motlawa mit dem Krantor, dem vielleicht bekanntesten Wahrzeichen von Danzig.


Mit einer Fähre erreichen wir die Westerplatte, eine Halbinsel in der Danziger Bucht und für die Polen ein symbolträchtiger Erinnerungsort. In den Morgenstunden des 1. September 1939 fielen hier die ersten Schüsse des Zweiten Weltkriegs, als das deutsche Kriegsschiff  "Schleswig-Holstein" die polnische Militärgarnison auf der Westerplatte beschoss.

1. 9.1939:  Der Zweite Weltkrieg beginnt am 1. September um 4:45 Uhr mit dem Beschuss der Westerplatte durch das deutsche Kriegsschiff  "Schleswig-Holstein". Man ist sicher, die relativ kleine Besatzung von ca. 200 Mann im Handstreich zu nehmen. Doch der Widerstand ist größer als erwartet, obwohl die Polen nur über eine relativ schwache Bewaffnung verfügen



Polnische Verteidiger der Westerplatte kapitulieren.



 Das "Denkmal der Verteidiger der Küste" auf der Westerplatte erinnert an die polnischen Soldaten, die den deutschen Angreifern sieben Tage lang erbitterten Widerstand leisteten. Die Westerplatte hat trotz allem in Polen ihren deutschen Namen behalten.


Rückfahrt von der Westerplatte mit der Fähre nach Danzig: Die frühere
Lenin-Werft im Hafen von Danzig trägt heute einen anderen Namen.


Sommer 1980: Arbeiterführer Lech Wałęsa gründet die "Solidarność" und wird Streikführer der Danziger "Lenin-Werft", später Friedensnobelpreisträger und Polens erster frei gewählter Präsident.


Zurück in Danzig:
Ganz links der schmale Rathausturm, daneben die mächtige Marienkirche (spitze Türme und Turm in der Mitte), die die Stadtsilhouette bestimmt, ganz rechts die Johanneskirche und an der Wasserfront das Häckertor.


"Długie Pobrzeże" heißt die Uferpromenade an der Motlawa, mit ihren vielen Restaurants und Geschäften eine beliebte Flaniermeile für Touristen. Rechts im Bild das Krantor, ungefähr 7 Häuser links davon unser Hostel "4-friends". Die zweite Fensterreihe von oben ist unser Zimmer. 


Abendstimmung über Danzig mit Regenbogen:
Blick aus dem Fenster unseres Hostels "4-friends".



Dito. Hier sieht man auch noch die Uferpromenade und das Krantor.



Am nächsten Morgen: Ein letzter Spaziergang durch die Długa,
dann steigen wir in den Zug nach Malbork.


Die Marienburg am Ufer der Nogat ist die größte der Deutschordensburgen.
Der Deutsche Orden hatte sich ab dem 13. Jahrhundert im Kampf gegen die heidnischen Pruzzen (von denen sich der Name "Preußen" ableitet) entlang der Ostseeküste ein Herrschaftsgebiet geschaffen, das von Pomerellen (Danzig und Umgebung) bis Estland reichte. Anfangs noch verbündet mit den Polen, geriet der Orden später zunehmend in Konkurrenz zu den katholischen Glaubensbrüdern, die sich ihrerseits mit Litauen zusammentaten. 1410 erlitten die Ordensritter in der Schlacht von Tannenberg eine schwere  Niederlage gegen die polnisch-litauische Allianz, die den Niedergang des Deutschen Ordens  in Preußen einläutete.


Frombork (dt. Frauenburg) am Frischen Haff ist nicht nur aufgrund seines architektonisch interessanten Doms bekannt, sondern auch wegen Nikolaus Kopernikus, der hier lange lebte. Er war der Sohn eines aus Schlesien stammenden deutschen Kaufmanns und einer deutschen Adligen, durch seine Niederlassung im ermländischen Frombork wurde er aber Untertan des polnischen Königs. Die müßige Streitfrage, ob er nun Deutscher oder Pole war, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zu Gunsten Polens entschieden.


  http://cdn1.spiegel.de/images/image-806574-galleryV9-gvut-806574.jpg

Januar 1945: Als die Rote Armee am Ende des Zweiten Weltkriegs nach Westen vordrang, schnitt sie zehntausenden ostpreußischen Flüchtlingen den Landweg ab, weshalb diese den Weg über das zugefrorene Frische Haff nahmen.  Es herrschte strenger Winter mit eisigen Temperaturen bis 25 Grad unter Null. Tausende erfroren, vor allem Kinder und alte Menschen, oder starben durch sowjetische Luftangriffe.


http://www.mohrungen.eu/moh_mod/Bilder_gesamt/gif_jep_geschi/Brosch_Flucht_Vertreib/abb11_flucht.jpg
Flüchtlingstreck auf dem zugefrorenen Frischen Haff:
12 bis 14 Millionen deutsche Flüchtlinge insgesamt mussten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs eine neue Heimat im Westen finden,
 ca. 2 Millionen starben auf der Flucht.


Zurück in der friedlichen Wirklichkeit: Auf dem Weg von Frombork nach Lidzbark Warmiński fahren wir mehrere Stunden durch strömenden Regen, aber die Strecke ist wunderschön.


Dito



Später beruhigt sich das Wetter und die Sonne kommt durch.
Es ist einer unserer besten Fahrradtage in Polen, über ruhige Straßen und durch verträumte Orte.


Viele Störche sehen wir unterwegs, die im Ermland und in Masuren ideale Lebensbedingungen vorfinden. Polen gilt als das Land der Störche, jeder fünfte Storch auf der Welt verbringt hier seine Brutzeit, etwa ein Viertel des weltweiten Bestands. Wir sind begeistert und halten immer wieder für Fotos.


Klapper, Klapper....


Lidzbark Warmiński (dt. Heilsberg) wurde einst vom
Deutschen Orden gegründet und war bis 1945 deutsch.
Das Hohe Tor ist das einzige noch erhaltene Stadttor.


Piroggen, lecker gefüllte Teigtaschen, gehören in Polen zu unseren Favoriten.


Lidzbark Warmiński liegt an der Alle
und galt bis 1945 als eine der schönsten Städte Ostpreußens.


Zwar wurde  Lidzbark Warmiński im Zweiten Weltkrieg fast völlig zerstört,
aber die Burg Heilsberg, eine Ordensburg des Deutschen Ordens,
blieb nahezu unversehrt. Sie diente lange Zeit als Residenz
der ermländischen Bischöfe.



In der Vorburg der ehemaligen Bischofsresidenz
ist heute ein Vier-Sterne-Hotel untergebracht.


Schöne Baumalleen sind typisch für Ermland-Masuren.


Dito.


Ca. 40 km hinter Lidzbark Warmiński erreichen wir die schöne Kleinstadt Reszel (ehemals  Rössel), wo wir eine lange Pause machen.



Geschäft in Reszel



Die mächtige Burg von Reszel,
vormals eine Ordensburg des Deutschen Ordens,
beherbergt heute ein Museum und wird teilweise als Hotel genutzt.


Dito.



Kurz vor der barocken Wallfahrtskirche Święta Lipka
passieren wir die Grenze zwischen Ermland und Masuren.


...... und wieder eine schöne Baumallee



Eine Agroturystyka-Unterkunft beschert uns kurz vor der Wolfsschanze
 in dem kleinen Ort Czerniki diesen schönen Übernachtungsplatz.


Auf dieser Straße war schon Stauffenberg unterwegs.


Übersichtsplan an der Wolfsschanze



Standort der Baracke, in der am 20. Juli 1944
das Attentat auf Hitler verübt wurde.



Gedenkstein am Standort der Baracke



Informationstafel zum Stauffenberg-Attentat


Die Teilnehmer der  Lagebesprechung vom 20. Juli 1944: In Position 1 stand Hitler, in Position 25 Stauffenberg, der die Baracke aber vor der Explosion schon verlassen hatte. In Position 16 befand sich Otto Günsche, der Adjutant Hitlers, der auch bei dessen Selbstmord in Berlin anwesend war und lange Jahre in unserem Nachbarort Lohmar-Honrath wohnte. Sein Sohn war ein Schüler von Gerold. Der Pfeil zwischen 4 und 7 markiert die Position der Bombe.


Bei dem Attentat wurden vier Personen getötet und neun schwer verletzt.
 Hitler erlitt nur leichte Verletzungen. Stauffenberg verließ die Wolfsschanze in der Annahme, der Anschlag sei geglückt und flog zurück nach Berlin, um die Operation "Walküre" anlaufen zu lassen. Noch am Abend des 20. Juli wurde er zusammen mit anderen Mitverschwörern verhaftet und kurz nach Mitternacht im Hof des Berliner Bendlerblocks erschossen.



Nummer 11, der Bormann-Bunker, gehörte zu den schweren Bunkern in der Wolfsschanze mit einer sieben Meter dicken Decke. Der Sekretär des "Führers" lebte aber nicht hier, seine Wohn- und Arbeitsräume befanden sich in einem Gebäude ganz in der Nähe.



Ruine von Hitlers Bunker in der Wolfsschanze



Vor dem Hitler-Bunker.


Nummer 16: Der Bunker von Hermann Göring



 Als im Januar 1945 die Rote Armee anrückte, wurden alle Objekte der Wolfsschanze von der zurückweichenden Wehrmacht gesprengt, aber selbst schwerste Sprengladungen konnten die meterdicken Betonwände und Decken nicht völlig zerstören.


Dito.


Nr. 17: Der Bunker von Alfred Jodl, der als Chef des Wehrmachtführungsstabes im Oberkommando der Wehrmacht maßgeblich an der Planung der deutschen Militäroperationen beteiligt war. Heute kann man hier  zweifelhafte "Souvenirs" erwerben und an einem Schießstand seine Fähigkeiten als Scharfschütze testen.




Im Eingangsbereich der Wolfsschanze kann man mit Stahlhelmen für Familienfotos posieren
 oder bei Geländefahrten mit Wehrmachts - Militärfahrzeugen ein wenig Krieg spielen.




Zwischen Wolfsschanze und Mauerwald haben wir ein paar Kilometer Kopfsteinpflaster -
sieht schön aus, ist aber für Radfahrer kein Vergnügen......


.... aber glücklicherweise können wir meist auf einer schmalen Spur am Rand daran vorbeifahren.


So schön ist Masuren.


Etwa 18 km vom Führerhauptquartier Wolfsschanze entfernt befand sich von 1941 bis 1944 das Hauptquartier des OKH (Oberkommando des Heeres) mit dem Decknamen "Mauerwald". Zwischen 1940 und 1944 wurden hier etwa 250 Objekte, darunter 30 Bunker errichtet. Die Deutschen zogen im Januar 1945 ab, ohne die Anlage zu sprengen, deshalb zählt sie zu den besterhaltenen Bunkerkomplexen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Nur einige Bunker sind zur Besichtigung freigegeben, in einem ist ein etwas makabres Museum untergebracht.


Schaurig!


Informationstafel im Mauerwald:
In einem Gigantbunker dieser Art wohnte Adolf Hitler während des Krieges -
ein schönes Leben kann das nicht gewesen sein.


Hinter dem Mauerwald erreichen wir bald Węgorzewo (ehemals Angerburg),
ein Zentrum für den Tourismus in Nord-Masuren. Der schöne Ort liegt am Fluss Węgorapa und ist durch ihn und einen Kanal mit dem Mauersee verbunden, dem zweitgrößten See der Masurischen Seenplatte und Polens. Als wir im Hafen zu Abend essen, zieht ein schweres Gewitter auf.


Störche, Störche...


Dito.



Ein besonders schöner Bauerngarten und drei Störche auf dem Dach.



Immer wieder sehen wir am Straßenrand Altäre.



Bauernhaus mit schönem Blumengarten


Soldatenfriedhof bei dem  Dorf  Dubeninki, ca. 5 km von der russisch-polnischen Grenze entfernt. Natürlich hätte es uns gereizt, durch Kaliningrad nach Litauen zu fahren, aber das hätte wegen des erforderlichen Visums langfristiger organisiert werden müssen.


Gerold freut sich, dass er in einem kleinen Ort unterwegs noch kühles Bier für den Abend bekommt.



In Wiżajny übernachten wir nach einem sehr langen Tag in einem Ferienhaus,
das direkt am Wiżajny-See liegt......


...... und erreichen am nächsten Morgen ein paar Kilometer hinter Wiżajny bei Sudawskie die Grenze zu Litauen. Estland und Lettland kennen wir schon von einem früheren Besuch vor vielen Jahren, Litauen ist Neuland für uns.