Sonntag, 28. Juli 2013

Island 2: Über die Kjölur-Route durch das isländische Hochland zur Nordküste

 9. und 10. Juli 2013 

Zwei Hauptpistenrouten führen durch das isländische Hochland, die „Kjölur“ und die „Sprengisandur“. 1933 dauerte die erste Autofahrt über die Sprengisandur noch eine Woche – für 200 km!! Mittlerweile sind die Pisten natürlich viel besser ausgebaut, aber immer noch schwierig. Wir werden die Kjölur fahren, auf der im Gegensatz zur Sprengisandur alle Flüsse überbrückt sind – mit den beladenen Rädern eiskalte, reißende Gletscherflüsse zu furten, ginge aber auch wirklich ein bisschen zu weit. Außerdem kennen wir die Sprengisandur schon: Bei unserer ersten Islandreise 1982 waren wir dort mit einem alten VW-Bus unterwegs – und blieben beim Furten prompt mitten in einem Fluss stecken. Zu unserem Glück war ein schwerer Geländewagen zur Stelle, der uns aus dem Wasser zog.

Kurz hinter dem Gullfoss und unserem „wilden“ Übernachtungsplatz beginnt die 160 km lange Pistenstrecke. Die Voraussetzungen sind gut: Für heute ist Sonne gemeldet, morgen soll es bedeckt, aber noch trocken sein und übermorgen wieder regnen. Wir fahren Richtung Norden, der Wind kommt aus Süden, wird uns also antreiben. Eigentlich gibt es in Island gar keinen Wind, nur Sturm, nach unserer Erfahrung jedenfalls. Wenn man gegen den anfahren muss, stellt man besser sofort sein Zelt auf und wartet ab oder dreht das Rad in die andere Richtung. Es empfiehlt sich also sehr, den Wetterbericht zu studieren, bevor man ins Hochland aufbricht, denn auch im Sommer muss man hier mit winterähnlichen Situationen rechnen. Selbst im Juli, dem normalerweise wärmsten Monat in Island, ist Neuschnee keine Seltenheit. Fällt die Temperatur, können in Kombination mit Niederschlag schnell lebensbedrohliche Situationen entstehen, wenn man nicht entsprechend ausgerüstet ist. Bevor wir gestern vom Gullfoss weiterfuhren, sprach uns noch ein Franzose mit ernster Miene an und fragte uns, ob wir eigentlich wüssten, wie hart die Kjölur sei. Er war mit einem Tretroller(!!!) auf der Strecke unterwegs, eine ziemlich verrückte Idee, geriet in schweren Sturm und Regen und musste sich am Ende von der Bergrettung rausholen lassen. Wir fragen nicht, was ihn das gekostet hat…. Ein anderer Radler, mit dem wir uns kurz unterhielten, musste wegen des schlechten Wetters ebenfalls aufgeben und stieg in den Bus, der in den Sommermonaten einmal täglich auf der Kjölur verkehrt und eine gewisse Sicherheit bietet. Auch gibt es unterwegs Hütten mit Campingplätzen, aber nur wenige und in großen Abständen. Die Hütten werden nur im Sommer bewirtschaftet, ansonsten ist das Hochland gänzlich unbewohnt, es ist eine rauhe, wilde Gegend, karg und nur spärlich bewachsen. Der schwerste Zwischenfall auf der Kjölur ereignete sich Im Oktober 1780, als beim Schafabtrieb fünf Reiter mit 16 Pferden und 180 Schafen ums Leben kamen, nachdem sie von einem Schneesturm überrascht worden waren.
Wir dagegen müssen mit solchen Unbilden nicht rechnen und fahren wie vorhergesagt in einen wunderbaren Morgen hinein – die Sonne scheint, der Himmel ist (fast) blau. Die Piste ist glatt und lässt sich prima fahren, was gut ist, denn schon bald geraten wir in die Steigung zum Hochland, das durchschnittlich 600 bis 800 m über dem Meeresspiegel liegt. Durch eine karge Grundmoränenlandschaft erreichen wir mit dem Pass Bláfellsháls (610 m) die vorerst höchste Stelle. Die Kjölur führt zwischen den Gletschern Langjökull (zweitgrößter in Island) und Hofsjökull (drittgrößter) hindurch, die schon bald westlich und östlich in Sicht kommen. Wir passieren den Tafelvulkan Bláfell (1204 m), dann geht es hinunter zum Hvitárvatn, einem wunderschönen Gletschersee, in den früher eine Gletscherzunge des Langjökull kalbte. Jetzt schwimmen keine Eisberge mehr im Wasser – wie überall in Island haben sich auch hier die Gletscherzungen in den letzten Jahren um einiges zurückgezogen. Wir machen immer wieder Fotopausen – die Landschaft ist grandios. Wenn das Wetter mitspielt, ist Island das schönste Land auf der Welt.

Hinter dem Hvitárvatn erreichen wir bald die Hütte Arbudir und machen in der Mittagssonne eine kurze Pause. Die Hüttenwirtin warnt uns, dass die Piste jetzt bald wesentlich schlechter würde – und das ist leider tatsächlich so. Nach ca. 30 „guten“ Kilometern haben wir bis zum Abend nur noch eine sehr schwierige Piste, mit Wellblech, geröllig, grobsteinig, rutschig, außerdem geht es jetzt auch noch in Wellen stetig auf und ab – wir fahren heute 1163 Höhenmeter und über 80 km, trotz der sonst guten Bedingungen, Sonne und leichtem Rückenwind, ein ziemlich harter Tag. Kerlingarfjöll, ein beliebtes Wandergebiet am Hofsjökull mit einer Hütte und heißen Quellen, müssen wir leider auslassen, das vorhergesagte schlechte Wetter sitzt uns im Nacken. Auf den letzten ca. 20 km bis zu unserem Tagesziel Hveravellir ist die Piste für uns an der Grenze zur Befahrbarkeit, wir müssen immer wieder absteigen und schieben und sind froh, als wir endlich in Hveravellir ankommen, wo es Hütten und einen Campingplatz gibt, auf dem die Zelte dicht an dicht stehen. Die Sonne hat sich schon längst verabschiedet, die Wolken hängen tief und es ist richtig kalt – den höchsten Punkt der Kjölur (673 m) haben wir überschritten, aber Hveravellir liegt immer noch 650 m hoch. Die Gegend ist ein bekanntes Hochtemperaturgebiet, leider sind wir zu müde und durchgefroren, in dem heißen Naturpool zu baden, obwohl das eigentlich genau das Richtige gewesen wäre.

Auch am nächsten Morgen hängen die Wolken noch tief, aber dann klart es doch noch auf, die Sonne zeigt sich allerdings nur sehr selten. Die Piste bleibt bis Afangi, der nächsten und letzten Hütte auf der Strecke, schlecht. Wir haben v.a. sehr viel „Wellblech“, versuchen aber trotzdem, Tempo zu machen, denn wir wollen wegen der schlechten Wettervorhersage unbedingt noch heute die Kjölur verlassen, was sehr schade ist – man hätte die Strecke mit Abstechern leicht auf mehrere Tage ausdehnen können. Aber morgen soll ja der große Regen wieder beginnen, für das Hochland ist sogar Schnee vorhergesagt, da sollte man hier möglichst nicht unterwegs sein. Obwohl wir auch heute noch fast 800 Höhenmeter fahren, geht es insgesamt mehr abwärts, außerdem haben wir extrem starken Rückenwind, der uns geradezu fliegen lässt. Zwei junge Radler kommen uns aus der anderen Richtung entgegen und fahren grußlos und mit finsteren Mienen an uns vorbei – kein Wunder! Diesen Sturm möchte man wirklich nicht von vorne haben.
Hinter Afangi wird die Piste wieder deutlich besser. Gegen 15 Uhr haben wir das Ende der Kjölur erreicht und fahren steil abwärts ins wunderschöne Tal des Flusses Blanda. Im Vergleich zum kargen Hochland sieht es hier geradezu lieblich aus: Island-Pferde auf saftig grünen Weiden, Wiesenblumen, Bauernhäuser mit fotogenen roten Dächern – die reine Islandidylle. Um 16 Uhr treffen wir wieder auf die Ringstraße, die um ganz Island herumführt, und Asphalt. Knapp 30 km sind es noch bis zum Ort Blönduós an der Küste. Am Ende erwischt uns das schlechte Wetter dann doch noch, die letzten 20 km fahren wir in strömendem Regen – der Sommer hat nur ein kurzes Zwischenspiel gegeben.


Bilanz für die beiden Kjölur-Tage: 194 km, 1869 Höhenmeter, 15 Stunden 48 Minuten auf den Rädern.


Hochlanddurchquerung: Die vorläufig letzten Meter auf Asphalt 
kurz vor unserem Übernachtungsplatz



Unser Wildzeltplatz - leider gibt es hier unglaublich lästige kleine Fliegen.



Gleich fängt die Piste an.



Anfangs ist die Piste ausgezeichnet, 
wir sind kaum langsamer als auf Asphalt.



Typische Hochlandszenerie



Gut für uns Radler: Auf der Kjölur gibt es,  im Gegensatz zur anderen Hochlandpiste, der Sprengisandur,  keine Furten,
alle Flüsse sind überbrückt.



In der Ferne sieht man eine Gletscherzunge des Langjökull,
des zweitgrößten isländischen Gletschers.



Der wunderschöne Hvitárvatn : Früher kalbte der Langjökull in den See, 
jetzt haben sich die Gletscherzungen wie überall in Island zurückgezogen. 



Es geht aufwärts: Der höchste Punkt der Piste liegt auf rund 670 m.



Auf der Kjölur-Piste



Wir haben Glück mit dem Wind: Er kommt von Südwesten,
das heißt von hinten! 
Das erleichtert das Vorwärtskommen auf der schwierigen Strecke enorm.



Schwere Maschinen zur Pistenpflege - leider offensichtlich nicht im Einsatz



Begegnung auf der Piste: 
Mehrmals treffen wir Thomas und Karin aus Kopenhagen.



Trotz der schwierigen klimatischen Bedingungen gedeihen 
im Hochland diese Blütenpflanzen.



Hochland-Blumen (2)



Hochland-Blumen (3)



Trotz der kräftigen Regenfälle der vergangenen Tage ist die Piste 
zu unserem Glück fast völlig abgetrocknet, 
tiefe Pfützen wie hier sind sehr selten.



So sieht in Island Massentourismus aus: Hveravellir, eine Hütte
mit Campingplatz und heißen Quellen an der Kjölur. 




Am nächsten Morgen brechen wir sehr früh auf, 
um die Hochlanddurchquerung noch vor den 
für den Abend vorhergesagten Regenfällen abzuschließen. 



Hinter Hveravellir wird die Kjölur streckenweise zu einer üblen Wellblechpiste. Autofahrer spüren das gar nicht, 
wenn sie nur schnell genug fahren. 
Für uns Radler dagegen ist Wellblech ein Alptraum - 
ähnlich schlimm wie der sehr grobe Schotter in langen Abschnitten der Piste.



Während wir mit Fahrrädern unterwegs sind, 
trauen sich andere nur mit Spezial-Geländewagen auf die Kjölur.



In diese kleine Schutzhütte hinter Hveravellir 
kann man sich bei  Unwetter flüchten.



Viele Reisegruppen  haben diese Möglichkeit schon genutzt,
wie diese Aufkleber an der Hütte beweisen.




Auf der Kjölur nach Norden: Die Vegetation ist immer noch sehr karg...



... reicht aber schon für diese Hochlandbewohner.



Mittagspause an der Piste, kurz vor Àfangi.



Islandpferde in der Nähe von Àfangi, der letzten Hütte auf der Kjölur. 



Die letzten Kilometer auf der Piste: 
Es geht bergab, mit starkem Rückenwind. 
Wir begegnen einem Radlerpärchen, 
das in umgekehrter Richtung unterwegs ist.
 Kein Wunder, dass sie unseren Gruß nicht erwidern.



Für ein kurzes Stück ist die Piste noch einmal ziemlich schlecht.



                             Letzter Anstieg vor der asphaltierten Ringstraße



Fast oben - und  bald wieder auf Asphalt



Am Ende der Hochland-Durchquerung haben wir im Sabbatjahr
 bisher 14000 km auf den Rädern geschafft.



14000 km (2)

Samstag, 27. Juli 2013

Island 1: Von Hafnafjördur zum Gullfoss




1. bis 8. Juli 2013


Wir landen am frühen Morgen in Keflavik/Reykjavik. Island gehört zum Schengen-Bereich, bei der Passkontrolle geht alles schnell für uns, wir fühlen uns fast schon heimisch. Noch am Flughafen treffen wir uns mit Svava und Gunnar zur Schlüsselübergabe und zum kurzen Kennenlernen. Sie fliegen heute nach England und überlassen uns ihr Haus, wir sind echte Glückspilze. Uns bleibt nur noch Zeit für einen gemeinsamen Kaffee, dann müssen die beiden schon los. Sehr schade, wir hätten gerne mehr aus erster Hand über Island und das Leben hier erfahren.

Draußen weht uns kalte Luft entgegen - nur 7 Grad! Das ist ein echter Temperaturschock, in Washington hatten wir gestern noch 35 Grad! Der internationale Flughafen Keflavik liegt ca. 50 km von Reykjavik entfernt, es regnet, deshalb nehmen wir den Flughafenbus und steigen in Hafnafjördur aus, wo Svava und Gunnar wohnen. Bis wir alles Gepäck und die Räder zu ihrem Haus transportiert haben, ist es schon früher Nachmittag. Viel machen wir an unserem ersten Island-Tag nicht, vier Stunden Zeitverschiebung machen uns wegen der schlaflosen Flugzeugnacht schwer zu schaffen. Das Wetter bessert sich, wir fahren noch in den Ort, um uns ein bisschen umzuschauen, und staunen über das Sortiment im örtlichen Supermarkt. Vor ca. 30 Jahren waren wir schon einmal mit dem Auto in Island, damals war die Versorgungslage ziemlich schlecht. Nach unserer Erinnerung gab es praktisch nichts außer tiefgefrorenem oder getrocknetem Fisch, ein paar Grundnahrungsmitteln und Schokoriegeln. Das hat sich gründlich geändert. Der Supermarkt lässt keine Wünsche offen, das Angebot ist "europäisch" - Müsli, Milchprodukte, Käse etc. in ausgezeichneter Qualität, aber auch für die internationale Küche bekommt man viele Zutaten. Es gibt eine Bäckerei, die diesen Namen wirklich verdient, mit richtig gutem Brot und Brötchen. Wir hatten mit Inselpreisen gerechnet, aber auch diesbezüglich erleben wir eine Überraschung. Manche Produkte sind nur unwesentlich teurer oder sogar billiger als in Deutschland, frisches Obst und Gemüse natürlich ausgenommen, aber isländische Tomaten, in geothermisch beheizten Gewächshäusern gezogen, kosten beim Discounter z.B. auch nur 1,70 Euro/kg. Möglicherweise sind die relativ niedrigen Preise aber auch noch die Nachwirkungen des Banken-Crashs, der Island 2008 ziemlich hart traf und zu einer starken Abwertung der Isländischen Krone führte.

Abends um 23 Uhr scheint noch die Sonne - sie verabschiedet sich im Moment nur für ca. drei Stunden und auch da wird es nicht richtig dunkel, sondern nur dämmrig. Die Mitternachtssonne ist ein ganz besonderes Erlebnis, auf das wir uns schon gefreut haben.

Am nächsten Tag radeln wir nach Reykjavik, bei gutem, aber sehr kühlem Wetter. Die isländische Hauptstadt ist nicht gerade eine Weltmetropole, hat aber ein sehr nettes Zentrum. Es wimmelt von Touristen, obwohl die Saison gerade erst anläuft. Den Mittwoch nutzen wir für eine Erkundung von Hafnafjördur und Umgebung. Der Ort wirbt für sich als „Die Stadt in der Lava“, denn er wurde auf 7000 Jahre alter Lava erbaut. Tatsächlich breiten sich um Hafnafjördur herum riesige Lavafelder aus, viele Häuser stehen mittendrin, wie auch der einzige isländische Ikea, sicher auch für dieses Weltunternehmen ein einzigartiger Standort. Hafnafjördur gehört zu den ältesten Städten Islands und entstand v.a. wegen der guten natürlichen Hafenbedingungen, deutsche und britische Kaufleute handelten hier schon im 15. Jahrhundert. Wir schauen uns das kleine, sehr interessante Museum zur Geschichte des Ortes an und bewundern die schönen, farbenfrohen alten Holzhäuser. Hafnafjördur liegt ca. 10 km von Reykjavik entfernt und gehört zum Hauptstadtgebiet, in dem gut 200.000 von den insgesamt ca. 320.000 Isländern wohnen, was zeigt, wie groß die Verstädterung in Island ist.

Dann fahren wir noch weiter zur Halbinsel Alftanes, wo wir uns den Außenbereich von „Bessastadir“ anschauen, seit 1944 Amtssitz des isländischen Staatspräsidenten. Es handelt sich um einen ganzen Gebäudekomplex mit einer sehr schönen Kirche aus dem 18. Jahrhundert.
Am nächsten Tag wollen wir abreisen, aber Gerold hat an seinem Rad Probleme mit Bremse und Schaltung festgestellt und repariert stundenlang, also verschieben wir unseren Aufbruch. 

Am Freitag geht es dann endlich los, obwohl die Wetterprognose schlecht aussieht. Wir sind deshalb früh unterwegs, schaffen es aber nur bis Mosfellsbaer, einen größeren Ort, der noch zum Hauptstadtgebiet zählt. Als wir dort kurz halten, spricht uns ein Mann an und warnt uns vor einem Unwetter, das für den Nachmittag gemeldet sei, mit schwerem Sturm und Starkregen. Tatsächlich sieht der Himmel rabenschwarz aus, wir nehmen die Warnung deshalb ernst und bleiben auf dem örtlichen Campingplatz. Kaum steht das Zelt, um gerade mal 12 Uhr mittags, da beginnt es schon zu schütten. Der Sturm wird im Laufe des Nachmittags so stark, dass wir um unser Zelt fürchten. Es regnet und stürmt ununterbrochen bis zum nächsten Mittag, über 12 Stunden. Am selben Tag schaffen wir es dann immerhin noch, trocken und mit starkem Rückenwind in Þingvellir anzukommen, UNESCO-Weltkulturerbe und eine der Hauptsehenswürdigkeiten in Island. Wenn man den Wind hier im Rücken hat, kann man sich glücklich schätzen, wir werden geradezu geschoben. In Þingvellir holt uns der Regen wieder ein, am Abend können wir uns aber dann doch noch bei besserem Wetter das „nationale Heiligtum“ der Isländer anschauen. Hier trat 930 n. Chr. zum ersten Mal das isländische Parlament („Althing“) zusammen., der Standort lag zentral am Kreuzpunkt zahlreicher Reitpfade aus allen Teilen des Landes. Das Althing in Þingvellir war die höchste politische Instanz des Landes und Parlament und Gerichtsort zugleich, dort wurden Rechtsstreitigkeiten aus dem ganzen Land geschlichtet. Bis 1798 blieb Þingvellir der Hauptversammlungsort der Nation, obwohl Island 1264 Teil des norwegischen und später des dänischen Königreiches wurde. Am 17.6.1944 fand hier die Unabhängigkeitsfeier statt, als die Republik Island ausgerufen wurde, und auch heute noch werden hier große Feste gefeiert. Das Þingvellir-Gebiet ist auch geologisch interessant. Die alte Parlamentsstätte liegt nämlich auf einer Vulkan- und Spaltenzone, die sich quer von Südwesten nach Nordosten durch Island zieht. Die Zone ist Teil des nordatlantischen Rückens, der die nordamerikanische von der eurasischen Kontinentalplatte trennt. Þingvellir liegt in einer Talsenke, die dadurch entstanden ist, dass die Kontinentalplatten auseinanderdriften. Wir haben Glück, diesen besonderen Ort praktisch ohne Touristen zu erleben, am nächsten Morgen ist dort die Hölle los.

Der Sonntag bleibt trocken bis zum Mittag, dann beginnt es wieder zu regnen. Wir machen gerade eine Pause in dem kleinen Ort Laugarvatn, schauen uns den Regen eine Weile an und checken dann in der örtlichen Jugendherberge ein, es ist nämlich dazu wie an den vorherigen Tagen auch noch ziemlich kalt, nur 8 Grad. Die Jugendherberge, eine der größten des Landes, verfügt über mehr als 100 Betten und ist bis zum Abend voll ausgebucht: gestrandete Radler, durchgefrorene Wanderer und frustrierte Autotouristen bevölkern den großzügigen Küchen- und Aufenthaltsbereich. Vor 30 Jahren gab es solche Unterkunftsmöglichkeiten gar nicht, heute findet man überall Hotels, Hütten, Hostels und praktisch jeder auch noch so kleine Ort verfügt über einen Campingplatz. Wir kämpfen tapfer gegen den Frust an, dass wir wegen des Regens pro Tag nicht über 30 km hinauskommen. Immerhin gibt es kostenlosen Internetzugang in der Jugendherberge, was in Island noch eher eine Seltenheit ist, und wir können am Blog arbeiten. Es regnet den ganzen Nachmittag und in der Nacht und am nächsten Morgen immer noch. Wir brechen erst gegen 11 Uhr auf, kaum sitzen wir auf den Rädern, beginnt es schon wieder zu nieseln, die Wolken hängen so tief, dass wir kaum etwas sehen können. Nach ein paar Kilometern platzt Gerold ein Reifen, irgendwie haben wir im Moment eine Pechsträhne. Aber dann erreichen wir doch wie geplant, nur wesentlich später den Geysir „Strokkur“, eine der bekanntesten Springquellen der Erde, von der alle Springquellen dieser Art ihren Namen haben. Weltweit gibt es nur sechs aktive Geysirfelder, immerhin haben wir auch schon die im Yellowstone/USA und Chile gesehen. Vor 30 Jahren konnten wir den „Strokkur“ fast alleine genießen, jetzt ist dort absolut die Hölle los. Es gibt ein großes Service-Zentrum, mit Souvenirshop, Café, Imbiss, Restaurant…. Der Wahnsinn, wie sich hier alles verändert hat. Im letzten Sommer waren so viele Touristen in Island wie noch nie zuvor – das haben uns nicht nur Svava und Gunnar erzählt. Das Wetter ist immer noch trübe, gegen den grauen Himmel sieht der Geysir nicht ganz so beeindruckend aus.

Weiter geht’s zur nächsten Attraktion, dem Gullfoss, einem der bekanntesten Wasserfälle Islands, der in zwei Stufen insgesamt 32 m tief in eine bis zu 70 m tiefe und 2,5 km lange Schlucht stürzt. Es geht schon auf den Abend zu, als wir dort ankommen, aber es ist noch einiges los. Der Wasserfall ist so sensationell wie wir ihn in Erinnerung hatten. In der Nähe gibt es das „Gullfoss Kaffi“, ein Besucherzentrum mit Café, Souvenirshop und Restaurant. Die Entstehung dieses „Kaffi“ ist beispielhaft für die vielen Veränderungen in Island, die der wachsende Tourismus mit sich brachte: Eine Bauernfamilie errichtete 1993 zunächst ein Zelt, um dem müden Reisenden nach der damals viel beschwerlicheren Anreise auf nicht asphaltierten Straßen Erfrischungen anzubieten. Drei Jahre später wurde aus dem Zelt ein Haus mit mehr Komfort und noch einmal drei Jahre später entstand schließlich das derzeitige Gullfoss-Zentrum. Als wir Anfang der 80er Jahre in Island waren, gab es hier nur den Wasserfall. 

Beschwerlich und fast so wie damals geblieben dagegen ist die Reise durch das isländische Hochland. Eine der Hochland-Routen, die sogenannte Kjölur, beginnt ein Stück hinter dem Gullfoss und ist wie alle anderen auch heute noch nicht asphaltiert - warum auch, im Hochland wohnt niemand. Das Gullfoss Kaffi ist der letzte Halt vor dem Hochland, wo es zu jeder Zeit im Jahr richtig kalt und stürmisch werden kann. Wir fahren heute bis kurz vor Beginn der Schotterpiste und zelten wild im Gelände. Das große Abenteuer beginnt erst morgen. Nachdem es den ganzen Tag über genieselt hat, kommt abends um 19 h noch voll die Sonne durch – wenn das kein gutes Vorzeichen ist!



Treffen mit Svava und Gunnar am Flughafen



Hafnafjördur - die Stadt in der Lava



Eines der ältesten Gebäude der Stadt - heute ein Museum



dito



Kirche in Hafnafjördur



Ikea in der Lava



Erlesene isländische Spezialitäten:
 Geschmorte Lammkeule mit Preiselbeersauce
und Rotkraut auf Kartoffelpüree (links)
bzw. Gebratenes isländisches Wildlachsfilet mit Dillsauce,
 Kartoffeln und Zuckererbsen - 
für jeweils nur  etwa 8 Euro!! Wo??? Bei Ikea in Hafnafjördur!!



Der Hafen von Hafnafjördur



Spaziergang am Stadtrand 



Unterwegs zur Halbinsel Alftanes: Garðakirka



Islandpferd



Kirche in Bessastadir - dem Amtssitz des isländischen Staatspräsidenten



Blick auf Reykjavik. In der Mitte die Hallgrimskirka, die evangelisch-lutherische Pfarrkirche der Stadt



Abschied von "unserem" Haus in Hafnarfjördur


So schöne Radwege gibt es in Reykjavik!
 Leider fehlt eine Beschilderung, daher ist die Orientierung schwierig. 
Immer wieder müssen wir anhalten und unser GPS einschalten.
Wegen der Unwetterwarnung flüchten wir uns auf diesen Campingplatz. 




Blick aus dem Zelt bei Sturm und Regen



Am nächsten Mittag scheint endlich wieder die Sonne.



Am größten Binnensee Islands: Wir erreichen den Þingvallavatn,
(Das "Þ" ist ein Runenbuchstabe des isländischen Alphabets und wird wie das englische "th" ausgesprochen.)



Am Þingvallavatn (2)



In der Schlucht von Þingvellir: Hier tagte das älteste Parlament der Welt, 
das isländische Althing - zum ersten Mal im Jahre 930 n. Chr.!



Þingvellir (2): Der Althing war auch der oberste Gerichtshof des Landes.
Todesurteile durch Ertränken wurden in diesem kleinen See vollstreckt.



Þingvellir (3): Als Wahrzeichen Þingvellirs gelten die Kirche aus dem Jahr 1859
 und eine kleine Gruppe von Holzhäusern.



Þingvellir (4): Wasserfall (Öxarafoss) am Rand der Schlucht 



Þingvellir (5): Die z.T. wassergefüllten Spalten hier entstanden durch 
das Auseinanderdriften der eurasischen und der nordamerikanischen Kontinentalplatten.



Þingvellir (6): Besichtigen macht hungrig:



Aus Reykjavik haben wir leckere isländische Lebensmittel mitgebracht. 
Auf dem Bild: Skyr, eine Art Quark; Roggenbrot mit Nüssen und Früchten;  Tomaten, die aus mit geothermischer Energie beheizten Gewächshäusern stammen. 




In Laugarvatn (1): Vorsicht, gefährliche heiße Quellen!



In Laugarvatn (2): Die Regenwolken hängen tief, Radelwetter sieht anders aus.



Sobald der Regen nachlässt, fahren wir weiter.



Der Strokkur ist der aktivste Geysir im Heißwassertal Haukadalur.
 Er spritzt etwa alle 5 Minuten, die Wassersäule erreicht eine Höhe von 25 - 30 Metern.



Strokkur (2)



Wieder so ein Zufall: Am Geysir treffen wir diese Nachbarn aus Jexmühle!



Der Gullfoss ist der energiereichste Wasserfall Europas.