Sonntag, 2. Dezember 2012

Sri Lanka 2: Von Negombo nach Kandy

9.11.2012 bis 13.11.2012

Wir bleiben noch zwei Tage in Negombo, zum Akklimatisieren und um unsere Abreise am Sonntag vorzubereiten. Einen genauen Plan für unsere Radtour durch Sri Lanka haben wir nicht, nur eine grobe Vorstellung. Die Insel ist nicht einmal so groß wie Bayern, trotzdem können wir in 3 1/2 Wochen nicht alles machen. Weglassen werden wir den Norden, dort liegt nach 26 Jahren Bürgerkrieg, der erst 2009 endete, die Infrastruktur brach und Minensuchtrupps haben immer noch viel zu tun. Muss nicht sein, dass man Gefahr läuft, auf eine Mine zu treten, wenn man mal schnell in die Büsche will...

Aber auch ohne den Norden gibt es in Sri Lanka viel zu sehen und zu erleben, denn die Insel bietet auf kleinem Raum eine erstaunliche Vielfalt, und zwar in vielerlei Hinsicht: Es gibt Traumstrände und tropischen Dschungel im Tiefland, das zentrale Hochland mit ausgedehnten Teeplantagen, Gemüseanbau, Nebelwäldern und hohen Bergen (der höchste Berg ist 2524 m hoch), tierreiche Nationalparks, archäologische Stätten, teilweise UNESCO-Weltkulturerbe, und und... Auch Eisenbahnfreaks kommen in Sri Lanka auf ihre Kosten. Es gibt mehrere Linien, alle aus der Zeit der englischen Kolonialherrschaft und seitdem scheint sich nicht mehr viel geändert zu haben. Besonders spektakulär soll die "main line" sein, die ins Hochland führt. Wenn es irgend geht, wollen wir auf jeden Fall ein Stück mit der Eisenbahn fahren. Natürlich können wir in der kurzen Zeit nur einen kleinen Eindruck bekommen, aber eins ist klar: Vor uns liegen spannende Wochen.

Unseren Reisestil und das Tagespensum müssen wir den veränderten Bedingungen anpassen: Die Tage sind hier kurz und v.a. heiß, sehr heiß. Sri Lanka liegt südöstlich von Indien und ist nur 600 km vom Äquator entfernt. Die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei ca. 30 Grad. Wir haben es während unseres Aufenthalts oft heißer. Die Sonne scheint hier nicht, sie brennt. Dazu kommt die hohe Luftfeuchtigkeit. Für uns heißt das: Spätestens um 6 Uhr, wenn es gerade hell wird, müssen wir auf den Rädern sitzen. Ab 8 Uhr knallt die Sonne schon erbarmungslos, um die Mittagszeit wird es unerträglich und man sehnt sich einen Regenschauer herbei, der meist am Nachmittag kommt, manchmal aber auch nicht, und kurzzeitig für Abkühlung sorgt.

Auch können wir ohne Zelt nicht mehr einfach bleiben, wo wir wollen. Manchmal machen wir schon früh Schluss, weil sich danach keine Unterkunft mehr anbietet, manchmal haben wir auch richtig lange Tage mit über 100 km. 

Aber am Sonntag geht es erst einmal gemütlich los, auf flacher Strecke die Küste entlang, zum nur ca. 40 km nördlich von Negombo liegenden Städtchen Chilaw. Nicht, dass dieser Ort ein lohnendes Ziel wäre. Aber nach zwei Wochen Fahrradpause wollen wir nicht sofort in die Berge, sondern uns zuerst ein bisschen einfahren, an den Verkehr und die Hitze gewöhnen. 

Wir kommen viel zu spät erst um 10 Uhr weg und fahren voll in die Mittagshitze hinein. Das wird uns nie wieder passieren. Neben der Hitze ist der zweite Stressor heute der Verkehr. Den haben wir schon auf dem Wege nach Colombo erlebt, aber jetzt sind wir mittendrin. Alles, was motorisiert ist, hupt uns lautstark von der Straße. Wir müssen nicht nur den Verkehr hinter uns ständig im Auge behalten, sondern auch den Gegenverkehr, der oft in uns hinein überholt. Das ständige Hupen nervt zwar, ist aber als Warnung auch gut, denn v.a. Busse und Lkws donnern z.T. mit haarsträubender Geschwindigkeit an uns vorbei. Sie verlangsamen auch nicht innerhalb von Ortschaften, wo Fußgänger, Schulkinder und Radfahrer unterwegs sind. Es ist der Wahnsinn. Gottseidank haben wir heute einen komfortablen Randstreifen. Zwar passiert es durchaus auch, dass wir vorsichtig überholt werden, mit unseren Gepäcktaschen erregen wir natürlich Aufsehen, aber insgesamt stehen wir in der Hierarchie der Verkehrsteilnehmer jetzt ganz weit unten. Das Wort "Vorfahrt" können wir vorläufig aus unserem Wortschatz streichen. Besonders gefährlich wird es, wenn wir Ortschaften durchfahren (und das passiert heute sehr oft) - dann müssen wir nämlich zusätzlich noch den Fahrbahnrand im Auge behalten und jederzeit mit allem rechnen. Tuk Tuks, Mopeds, Radfahrer, aber auch größere Fahrzeuge schwenken grundsätzlich auf die Fahrbahn ein, ohne in den Spiegel oder nach hinten zu schauen. Sie verlassen sich wohl darauf, dass im Zweifelsfall gehupt wird - selbst kleine Fahrzeuge verfügen ja hier über Hupen, dass einem fast die Ohren wegfliegen. Und dann sind da noch die Fußgänger, die unvermittelt die Fahrbahn betreten. Offenbar denken hier alle, dass sie tausend Leben haben.....


Defensiv fahren ist also oberstes Gebot für uns. Wenn man hier als Radfahrer seine Vorfahrtsrechte durchsetzen möchte, ist das Bett im Krankenhaus schon gebucht. 

Aber es ist auch spannend heute: Als wir am Morgen zum Frühstück rausgingen, läuteten die Kirchenglocken - in Negombo gibt es mehrere große Kirchen -, kurz hinter dem Ort passieren wir dann ein muslimisches Dorf mit einer Moschee und tief verschleierten Frauen, ein paar Kilometer weiter wieder eine Kirche, später ein großer Buddha und kurz dahinter ein Hindu-Tempel. Die vier Weltreligionen auf ein paar Kilometern - das gibt es vielleicht nur in Sri Lanka.

Auf den letzten 10 km vor Chilaw nimmt der Verkehr etwas ab. Wir erreichen den Ort am Nachmittag, er ist wirklich nichts Besonderes, unsere Unterkunft auch nicht.....

In den nächsten zwei Tagen fahren wir ins Landesinnere nach Kandy. Die alte Königsresidenz, drittgrößte Stadt Sri Lankas, liegt schon in den Bergen auf ca. 500 m Höhe. Unsere Hoffnung auf ruhigere Straßen erfüllt sich leider nicht. Hinter Chilaw fahren wir zunächst eine Straße der Kategorie B, aber der einzige Unterschied zur gestrigen A-Straße besteht darin, dass wir keinen Seitenstreifen mehr haben und der Untergrund holprig ist. Auch die abgasverseuchte Luft ist schwer auszuhalten. Nicht nur die Tuk Tuks sind mit ihren Zweitaktmotoren wahre Dreckschleudern, auch Busse und Lkws stoßen dicke schwarze Dieselrußwolken aus. Wir tragen es mit Fassung, es kann nur besser werden.

In Kandy schauen wir uns den Zahntempel an, mit der bedeutendsten Reliquie des Buddhismus, dem linken Eckzahn Buddhas. Ein Spaziergang um den Kandy-See, der mitten in der Stadt liegt, gehört ebenfalls zum Standardprogramm jedes Besuchers. Koloniales Flair genießen wir bei einem Kaffee im Queens Hotel, das 1844 eröffnet wurde und u.a. Hermann Hesse beherbergte. Wir wohnen weitaus bescheidener, aber auch sehr schön in einem Guesthouse südlich des Sees. Leider haben wir in Kandy etwas Pech mit dem Wetter und verzichten deshalb darauf, die nähere Umgebung zu erkunden.



Negombo: Der Strand ...



... und die St. Mary' s Kathedrale





 Bei Negombo: Den Dutch Channel haben die holländischen 
Kolonialherren graben lassen, um die kostbaren Gewürze 
leichter abtransportieren zu können.


 Muslimisches Dorf hinter Negombo


 In einem christlichen Dorf 


 Hindutempel vor Chilaw


Typischer "Krämerladen" in Sri Lanka



 Hier gibt es leckere Avocados



 Wenn ein Bus laut hupend angerast kommt, verlassen wir oft die Straße.


Pause beim Anstieg nach Kandy


 Der berühmte Zahntempel von Kandy. 



 Blick von unserer Hotel-Veranda auf den Kandy-See



Radeln in der Innenstadt von Kandy



Nur ein gutes Moskitonetz schützt nachts vor der Anopheles-Mücke, 
die Malaria überträgt.



Auch das gehört zu unserer Survival-Ausrüstung für Asien:
Adapterstecker, Nescafe nebst Edelstahltasse und Tauchsieder, 2-Minuten-Nudeln als Notverpflegung, Moskitospray, Insektizid "Fast Kill" gegen Kakerlaken.