Samstag, 30. März 2013

Kambodscha 2: Siem Reap und Angkor

20.2.2013 bis 23.2.2013


Siem Reap erkennen wir nicht wieder. Seit unserem ersten Besuch vor 6 Jahren scheint sich die Anzahl der Touristen, Unterkünfte, Restaurants, Souvenirshops etc. vervielfacht zu haben. Der Grund für den Ansturm ist aber nicht die Stadt selber, sondern die in der Nähe gelegene Tempelanlage von Angkor mit ihrem bekanntesten Bauwerk Angkor Wat. Die Tempelruinen stammen aus der Zeit der Jahrtausendwende, liegen mitten im tropischen Dschungel und sind die größte Ansammlung von sakralen Bauten auf der ganzen Welt. Zu Angkor fallen mir nur Superlative ein: einzigartig, unvergleichlich, überwältigend – für uns die beeindruckendsten, geheimnisvollsten und faszinierendsten Sakralbauten, die wir je gesehen haben.

Die Geschichte Angkors begann im 8. Jahrhundert und erreichte ihre Blütezeit im 12. Jahrhundert, als Angkor Wat erbaut wurde, der größte Tempel. Eine besonders kreative Phase erlebte die Hochkultur unter dem baufreudigen König Jayavarman VII. Ende des 12./Anfang des 13. Jahrhunderts. In seiner Zeit entstanden u.a. Angkor Thom mit Bayon, Preah Khan, Ta Prohm, Banteay Kdei, Ta Som, die Elefantenterrasse und die Terrasse des Leprakönigs. Danach ging es mit Angkor überraschend schnell abwärts, bis man die Stadt im Jahre 1431 schließlich aufgab.

Das Tempelgelände ist riesig und am besten mit dem Rad zu erkunden. Wir haben ein 3-Tages-Ticket gekauft und sitzen immer schon beim ersten Licht auf den Rädern, um den Massen zu entgehen, machen mittags eine Pause in Siem Reap und fahren am Nachmittag noch einmal zu den Ruinen. Genauso überwältigend wie die Tempel selber ist nämlich der Besucherandrang. Hauptsächlich sind es asiatische Touristen, die in großen Gruppen regelrecht über die Tempel herfallen. Die wenigen westlichen Besucher gehen demgegenüber völlig unter. Erst später erfahren wir, dass wir wohl in die letzten Ausläufer des chinesischen Neujahrsfestes geraten sind, das gerne für einen Kurzurlaub genutzt wird – z.B. nach Angkor. Manchmal bilden sich auf dem Tempelgelände richtige Verkehrsstaus. Zum Sonnenuntergang sollte man Angkor Wat besser meiden und am Morgen wird Bayon, unser Lieblingstempel, von Reisegruppen geradezu belagert.  Der Zauber von Angkor geht bei diesen massentouristischen Großangriffen natürlich verloren, deshalb versuchen wir möglichst gegen den Besucherstrom zu fahren, gottseidank haben wir ja unser eigenes Transportmittel.

Angkor Wat ist der größte und berühmteste Tempel auf dem Gelände mit einer einzigartigen Architektur. 37 Jahre dauerte sein Bau in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Kein anderes Monument in Angkor wurde bisher so aufwendig restauriert wie dieser gewaltige Tempel, der dem hinduistischen Gott Vishnu geweiht ist. Der Hinduismus war mit indischen Seefahrern und Händlern nach Kambodscha gelangt. Die Menschen nahmen die neuen religiösen Einflüsse schnell auf und vermischten sie mit ihren eigenen Glaubensformen und ihrer eigenen Götterwelt. Die Architektur vieler Angkor-Tempel ist deshalb durch indischen Einfluss inspiriert, aber die Baumeister entwickelten darüber hinaus ihren ganz eigenen, für Angkor typischen Stil.

Berühmt ist der zentrale Bau von Angkor Wat mit den charakteristischen 5 Türmen, die die Form einer Lotusknospe haben. Ganz gleich, welche politischen Ziele die verschiedenen Machthaber in Phnom Penh auch verfolgten, die Türme fehlten auf fast keiner Nationalflagge. Angkor ist Kambodscha, die Seele der Khmer. Selbst die Roten Khmer, die nicht gerade für ihren sensiblen Umgang mit Religion und Kultur bekannt waren, schienen Angkor als ihr kulturelles Erbe zu betrachten und legten die Tempel ganz im Gegensatz zu ihren sonstigen Gewohnheiten nicht in Schutt und Asche, auch wenn sie einiges zerstörten.
Den zentralen Bau mit den 5 Türmen umgibt eine Galerie, die mit über 1600 Apsaras verziert ist, von der keine der anderen gleicht. Die Apsaras, Tempeltänzerinnen, die auch viele andere Angkor-Bauwerke schmücken, finde ich besonders faszinierend und werde nicht müde, sie anzuschauen und zu fotografieren.

Die Tempelstadt Angkor Thom zählt neben Angkor Wat zu den Hauptattraktionen, u.a. mit Bayon, der Elefantenterrasse, der Terrasse des Leprakönigs etc. Der Bayon-Tempel ist an Originalität kaum zu überbieten: Von 54 Türmen blicken etwa 200 gewaltige Gesichter mit dem berühmten Bayon-Schmunzeln auf den Besucher. Jeder Turm hat vier Gesichter, die in die 4 Himmelsrichtungen schauen. Der Turm in der Mitte besteht als einziger aus acht Antlitzen. Wohin man sich in Bayon auch wendet – man steht überall unter Beobachtung von den monumentalen Gesichtern, die sozusagen das Markenzeichen des unermüdlichen Bauherrn Jayavarman VII. sind. Auch die insgesamt 5 Stadttore von Angkor Thom sind architektonische Kunstwerke. Jedes ist mit einem Turm überdacht, von dem vier riesige „Schmunzel“-Gesichter herabblicken. Die Brücken, die über den breiten Stadtwassergraben zu den Toren führen, werden von Steinfiguren flankiert. Es handelt sich dabei jeweils um 54 Götter auf der linken Seite und 54 Dämonen auf der rechten Seite, die eine riesige Schlange (Naga) tragen. Die Dämonen sind an ihrem grimmigen Gesichtsausdruck zu erkennen, während die Götter mit ihren mandelförmigen Augen Heiterkeit ausstrahlen. Jedesmal wenn wir uns Angkor Thom nähern, sind wir aufs Neue begeistert von dieser „Parade“ in Stein.

Ta Prohm war zu Zeiten Jayavarmans VII. ein buddhistisches Kloster und steht auf unserer Favoritenliste ebenfalls ganz weit oben. Da es so viele Bauwerke in Angkor gab, entschlossen sich die französischen Archäologen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts als erste mit der intensiven Erforschung und Restaurierung von Angkor begannen, einen Tempel so zu belassen, wie sie die gesamte Anlage bei ihrer „Entdeckung“ vorgefunden hatten. D.h. die mächtigen Wurzeln der Urwaldbäume, die Türme, Fassaden, Portale und Mauern umschlangen und sprengten, wurden nicht gekappt oder entfernt wie in anderen Tempeln. So präsentiert sich Ta Prohm heute als beeindruckendes Beispiel für die Vergänglichkeit der Menschenwerke und die Macht der Natur, die hier ihr eigenes Kunstwerk geschaffen hat. Verantwortlich dafür sind insbesondere der Kapokbaum und die Würgefeige. Sie beginnen ihr Leben als kleine Setzlinge in Mauernischen. Auf Nahrungssuche lassen die feinen, dünnen Wurzeln keine Fuge aus und wachsen schließlich über die Gebäude hinab ins Erdreich. Im Moment finden in Ta Prohm umfangreiche Renovierungsarbeiten statt, die auf Kosten der ganz besonderen Atmosphäre in diesem Tempel gehen. Auch stören Holzstege, Holztreppen und Absperrseile, die es bei unserem ersten Besuch 2006 noch nicht gab. Aber Ta Prohm ist trotzdem immer noch sensationell.

Banteay Kdei ist so stark beschädigt, dass manche Türme schon durch starke Bänder zusammengehalten werden müssen. Auch hier hat die Würgefeige das alte Gemäuer teilweise fest im Griff.

Preah Khan liegt eingebettet in dichten Dschungel und ist riesig, hier könnte man allein einen halben Tag verbringen, wollte man sich alle Details anschauen. Es gibt einige Halbreliefs, die einst Buddhas darstellten, aber von geschickten Steinmetzen in hinduistische Asketen umgewandelt wurden, indem man ihnen Bärte hinzufügte und die typische Form ihres Lotussitzes veränderte. Jayavarman VII., der Bauherr von Preah Khan, hatte mit der jahrhundertealten Tradition des Hinduismus gebrochen und sich dem Buddhismus zugewandt. Einer erneuten kurzzeitigen Hinduisierung Angkors nach seinem Tod fiel dann fast die gesamte buddhistische Symbolik in Preah Khan zum Opfer.

Wir schauen uns noch viele andere Tempel an, Ta Som, Ost Mebon, Pre Rup, Phimeanakas, Baphuon, die Elefantenterrasse und die Terrasse des Leprakönigs…… Unsere „Tempeltage“ sind prall gefüllt und spannend. Abends reicht unsere Energie nur noch für ein leckeres „Amok“-Essen im Khmer Familiy Restaurant. Erst am letzten Abend schlendern wir über den Nachtmarkt und halten nach Souvenirs Ausschau. Wieder schaffen wir es nicht, alle Tempel anzusehen. Das nächste Mal nehmen wir ein 7-Tages-Ticket….

Unsere letzte Station in Kambodscha ist Phnom Penh, dorthin nehmen wir den Bus, damit wir die gleiche Strecke nicht zweimal fahren müssen.



Angkor Wat: Zu dem eigentlichen Tempel führt eine 
lange Straße über das hinduistische "Urmeer".


Apsaras (Tempeltänzerinnen) in Angkor Wat (1)


Apsaras (2)


Apsaras (3)



Angkor Wat: Aufgang zu den fünf berühmten Türmen


Angkor Wat: Blick auf den Haupttempel mit den fünf Türmen 
vom hinteren Eingang.


Eines der fünf Stadttore, die zu Angkor Thom führen: 
Auf der rechten Seite sieht man die 54 grimmigen Dämonen,
auf der linken Seite die freundlichen Götter.


Freundliche Götter ....


... und grimmige Dämonen


 Die berühmten Gesichter von Bayon im Tempelbezirk von Angkor Thom


Bayon (2)


 "Schmunzelgesicht" an einem der 5 Stadttore, die zu Angkor Thom führen.


Massenandrang im Bayon-Tempel


 Die Elefantenterrasse im Tempelbezirk Angkor Thom: 
Von hier aus schaute König Jayavarman VII. Spektakeln und Zeremonien auf dem davorliegenden Platz zu. Die Elefantenparade, die als Halbrelief auf dem Fundament dargestellt ist, gilt als Hommage an dieses Tier, das zur damaligen Zeit von unverzichtbarem Wert bei Tempelbau, Jagd, Kriegsführung etc. war.


Auch heutzutage kann man noch auf einem Elefanten durch Angkor reiten.


Steinrelief an der "Terrasse des Leprakönigs"


Auf dem Tempelgelände von Angkor sind nicht nur Touristen unterwegs.


Von Urwaldbäumen überwucherte Tempelmauern in Preah Khan und Ta Prohm:
































Preah Khan: Buddhafiguren, umgearbeitet zu hinduistischen Asketen


Der Pre Rup-Tempel


Hier essen wir Amok: Das Khmer Family Restaurant 
in der Pub Street in Siem Reap


Amok, das kambodschanische Nationalgericht,
wird hier in einer Schüssel aus Bananenblättern serviert.


Ebenfalls ganz vorzüglich: Salat aus grünen Mangos im Khmer-Stil.
Dazu werden die unreifen Früchte fein geraspelt, mit Streifen aus mariniertem Hähnchenfleisch, Möhrenjuliennes und Thai-Basilikumblättern vermischt, mit einer süßsauren Limettensauce übergossen und mit gerösteten Erdnüssen und etwas Chili garniert. Vorsicht, macht süchtig!