Mittwoch, 27. März 2013

Kambodscha 1: Von Laos nach Siem Reap

14.2.2013 bis 19.2.2013

Von den „4000 Inseln“ in Süd-Laos haben wir nur noch ca. 20 km, dann sind wir schon in Kambodscha. Bis vor ein paar Jahren gab es hier noch gar keinen Grenzübergang und auf kambodschanischer Seite nur eine Piste in sehr schlechtem Zustand. Mittlerweile ist aus der Piste eine gut ausgebaute Straße geworden und beidseits der Grenze stehen große, moderne Abfertigungsgebäude kurz vor der Vollendung. Im Moment sind allerdings noch die eher barackenähnlichen Grenzanlagen in Betrieb.

Kambodscha ist quasi Neuland für uns. Wir waren nur einmal hier, um Angkor zu besuchen, damals mit dem Flugzeug von Laos angereist. Jetzt wollen wir per Rad dorthin. Unser erster Fahrradtag in Kambodscha führt uns durch eine der bevölkerungsärmsten Provinzen im Nordosten des Landes. Es ist eine der einsamsten Strecken, die wir bisher im Sabbatjahr gefahren sind, sehr trocken und öde, wie teilweise in Oberburma. Während und nach der Regenzeit dürfte der landschaftliche Eindruck allerdings ganz anders sein.
In Stung Treng, unserem ersten Übernachtungsort, wird augenfällig, wie arm dieses Land ist. Der Ort wirkt wenig einladend, in den Randbezirken leben die Menschen zum Teil in Bretterverschlägen. Schön ist nur die Lage am Tonle San, der hier in den Mekong mündet. Kambodscha gehört zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt. Vom Bruttoinlandsprodukt ausgehend, steht es mit 800 erwirtschafteten Dollar pro Kopf und Jahr an 148. Stelle von insgesamt 179 Ländern, einen Platz vor Haiti.  Burma ist noch weiter abgeschlagen auf Platz 166, Laos hält Platz 144. Diese Rangliste lässt zwar andere wichtige Faktoren wie z.B.  die Ernährungssituation in den Ländern, Lebenserwartung etc. außer acht, gilt aber als  d e  r  Indikator für Wohlstand. Kambodscha hatte es aufgrund seiner wechselvollen und komplizierten Geschichte in der Vergangenheit besonders schwer. Die Schreckensherrschaft der Roten Khmer und die langen Jahre des Bürgerkriegs haben das Land ausgezehrt und in seiner Entwicklung zurückgeworfen. Im Grenzgebiet zu Thailand und Laos gibt es immer noch scharfe Minen, wir selbst haben in den ersten beiden Tagen noch Minenwarnschilder gesehen und ein kleines Mädchen auf Krücken, dem ein Bein fehlte. 

Stung Treng versucht, vom Mekong-Tourismus zu profitieren. Seitdem die Grenze zwischen Laos und Kambodscha leichter zu passieren ist, hat sich nämlich eine neue Traveller-Route etabliert. Viele Touristen folgen von Thailand und Laos nun dem Lauf des Mekong nach Kambodscha bzw. Phnom Penh oder umgekehrt. Stung Treng liegt auf dieser Strecke und es gibt auch etliche Hotels, aber die meisten Traveller steigen hier allenfalls für eine kurze Pause aus dem Bus und fahren dann weiter nach Kratie, dem nächsten größeren Ort. Wir erreichen Kratie erst am nächsten Tag, nach einer sehr langen Etappe von fast 150 km, die letzten 50 km direkt am Mekong vorbei. Früher war der Fluss hier die einzige Verbindung zum Rest des Landes und nach Laos. Seitdem es die neuen Straßen gibt, hat er als Transport- und Verkehrsweg an Bedeutung verloren, aber es ist immer noch die Lebensader Kambodschas, wichtig als Nahrungsquelle und für die Bewässerung. Hier ist alles grün, üppig und sehr dicht besiedelt.

Wir waren vor vielen Jahren schon im Mekong-Delta in Vietnam, am und auf dem Mekong in China und Laos, aber noch nie haben wir diesen mächtigen Fluss so hautnah erlebt wie in Kambodscha. Seit Pakse folgen wir seinem Lauf, vor und hinter Kratie fahren wir fast 200 km unmittelbar in Flussnähe und können das Leben am Wasser beobachten. Im Vergleich zu den eher unattraktiven und schmutzigen Städten ist das ländliche Kambodscha geradezu idyllisch. Einfache oder stattliche Holzhäuser auf Stelzen, schöne Gärten, ordentlich geschichtete Heuhaufen, gackerndes Federvieh, grunzende Schweine… Die meisten Land- und Flussbewohner sind wahrscheinlich Selbstversorger und nicht sehr wohlhabend, aber hungern muss hier niemand. Die Leute begegnen uns, wie eigentlich immer in Asien, überaus freundlich. Durch die Orte begleitet uns der Chor der Kinder mit ihren „Hello“ und „Good bye“-Rufen. Obwohl Reiseradler in Kambodscha nichts Besonderes sind – in keinem anderen Land haben wir so viele getroffen -, geraten die Kinder bei unserem Anblick völlig außer Rand und Band. Sie kommen in Scharen gelaufen, schreien, winken, hüpfen. Manchmal halten wir, um von unseren kleinen Fans ein Foto zu machen – dann stehen sie starr und stumm vor Entsetzen oder suchen schnell das Weite. Aus der Nähe scheinen wir auf die Pimpfe ziemlich furchterregend zu wirken - mit unseren viel zu langen Nasen, den Helmen auf dem Kopf und den dunklen Sonnenbrillen ist das aber auch kein Wunder.

Kulinarisch dagegen beschert uns Kambodscha keine besonderen Erlebnisse, was in einem so armen Land allerdings auch nicht anders zu erwarten ist.  Frühstück besorgen wir uns oft bei einem der vielen fliegenden Händler. Sie fahren vormittags mit ihren Mopeds die Straßen entlang und bieten alles mögliche zum Verkauf an: Obst, Gemüse, Fettgebackenes, Baguette (ein Relikt aus der französischen Kolonialzeit und überall in Indochina noch sehr verbreitet), Fisch, Fleisch etc. - all das baumelt in Plastiktüten am Moped. Diese mobilen „Kleinläden“ sind ziemlich typisch für Kambodscha und vor allem über Land unterwegs. Baguette, eine Art Berliner und gekochte Eier gehören zu unseren Favoriten, weil sie gesundheitlich unbedenklich sind. Einmal kaufen wir noch warme Eier in einem kleinen Laden. Als wir sie pellen wollen, läuft braune Brühe raus – igitt! Wir haben eine Khmer-Spezialität erwischt: angebrütete Eier mit Embryonen! Die jungen Damen, die uns diesen „Leckerbissen“ verkauft haben, sind ganz erstaunt, dass wir nichts davon anrühren…. Die Kambodschaner mögen auch frittierte Insekten, wie z.B. Taranteln, Kakerlaken und Käfer, gerne als Snack oder als Suppenbeigabe – alles Geschmackssache. Richtig gut mundet uns „Amok“, das ist Fisch, Hühnchen oder Rind und Schwein, mit vielen Kräutern in Kokosmilch gekocht. Die besten Amok-Gerichte bekommen wir später in Siem Reap.

An unserem letzten Mekong-Tag haben wir über 50 km sehr schlechte Piste und jedes Fahrzeug hüllt uns in eine rote Staubwolke – die Dusche am Abend hat sich selten so gelohnt…. Aber die Strecke ist wunderschön und interessant und jede Mühe wert. Teilweise fahren wir durch muslimisches Gebiet – Moscheen am Mekong, das ist schon etwas merkwürdig. Die muslimische Minderheit in Kambodscha gehört aber dem gemäßigten Islam an und ist gut integriert.

Gut 100 km vor Phnom Penh verlassen wir den Mekong und biegen wieder nach Norden ab, also in die Richtung, aus der wir kommen. Von Osten her gibt es keine Querverbindung nach Angkor/Siem Reap bzw. nur eine nicht ausgeschilderte Piste. Da wir kein (zuverlässiges) GPS haben, ist das für uns keine Option. Deshalb müssen wir einen großen Bogen fahren und einen langen Umweg in Kauf nehmen.
Bisher waren wir vorwiegend auf Nebenstraßen unterwegs und konnten uns über den Verkehr nicht beklagen. Für die letzten ca. 300 km bis Siem Reap müssen wir aber jetzt die stark befahrene Hauptstraße nehmen und sind uns schon bald einig: Die kambodschanischen Autofahrer bekommen von uns die Note 6. So schlecht sind wir als Radfahrer noch nie behandelt worden. Die Fahrzeuge rasen wie Geschosse an uns vorbei, hupen aggressiv, überholen mit viel zu geringem Abstand und zwingen uns ständig auf den unbefestigten Straßenrand. Noch schlimmer ist der Gegenverkehr: Ohne auf uns Rücksicht zu nehmen, wird hier überholt, die Autos und Busse fliegen uns völlig ungebremst regelrecht entgegen. Aber wir kommen gut in Siem Reap an, der Fahrradteil unserer Kambodschareise ist damit schon beendet, allerdings fahren wir im Tempelgelände von Angkor noch fast 200 km. 


Unsere Reise von Bangkok nach Siem Reap bzw. Phnom Penh, 
durch Thailand, Laos und Kambodscha:



                   Laos/Kambodscha

StepMap Laos/Kambodscha




Den ersten Tag in Kambodscha fahren wir auf einer sehr einsamen Straße.



Auch 20 Jahre nach Kriegsende sind Landminen 
in manchen Gebieten noch eine tödliche Gefahr.
.


   Auf der Hauptstraße nach Süden gibt es einige sehr schlechte Abschnitte.



                                               Fliegende Händler unterwegs



                                                Wir kaufen fürs Frühstück ein.



Überall in Kambodscha sieht man solche Kühltruhen,
die einmal am Tag mit Eis befüllt werden.



Neu
Eis wird ausgeliefert.



Der Eisblock muss noch zerkleinert werden.



Hütte am Mekong



Reiseradler-Treffen in Kambodscha vor Kratie: 
Patrick, Franzose, wohnt in München, Martine und Dominique aus dem Elsass und wir - alle auf "Patria"-Rädern!



                          Die Kinder begrüßen uns mit großer Begeisterung.



         Wenn die Kinder uns von weitem sehen, laufen sie oft zur Straße. ...



     ... und sind dann zuerst etwas ängstlich, wenn sie vor den 
merkwürdigen, behelmten Fremden stehen.



                               Die Kids lassen sich sehr gern fotografieren.



Kinder und ihr "Spielkamerad"



Während wir uns mit den Kindern beschäftigen, überholt uns Patrick. 
Er ist unterwegs von München nach Singapur.



Die Kinder winken "bye bye".



Begegnungen auf der Landstraße (1)



     Begegnungen auf der Landstraße (2): Jungen auf dem Weg zur Schule



                Die Präsenz der muslimischen Minderheit ist unübersehbar.



Frauen bei der Arbeit



Wieder ein "Reiseradlertreffen", diesmal auf einer Piste am Mekong:
Patrick (rechts), ein amerikanisches Paar vom Lake Tahoe in Kalifornien 
und ein Inder, der in Südkorea lebt.
Von ihm erfahren wir, dass der legendäre Reiseradler Heinz Stücke,
 "the most travelled man in history", z.Zt. in Kambodscha unterwegs ist
 und wir ihn nur um einen Tag verpasst haben!




Begegnungen auf der Straße: Korbwarenhändler



Kurz darauf stoppt der Händler und wir kommen ins Gespräch, 
er kann etwas Englisch.
 Die Geschäfte laufen im Moment sehr gut, erzählt er uns stolz.



Kurz vor Kompong Cham wechseln wir mit der Fähre auf das andere Mekongufer. Hier ist die Straße wieder asphaltiert.



Schmucke Bauernhäuser an der Straße



Schüler auf dem Heimweg (1)



                                               Schüler auf dem Heimweg (2)



   Aids ist ein großes Problem in Kambodscha.
  Ob diese Aufklärungskampagne daran etwas ändern kann?



Wir sind in der Tockenzeit unterwegs - die Landschaft wirkt fast wüstenartig




  Unser Standard-Essen in Kambodscha: Rindfleischsuppe mit Gemüseeinlage



So werden hier Schweine transportiert.



Arme Schweine



Vor Siem Reap wird der Verkehr auf der schmalen Hauptstraße sehr stark.
 Das Radeln ist hier gefährlich, wir müssen höllisch aufpassen



Buddhastatuen-Produktion an der Straße 




GESCHAFFT! Wir sind in Siem Reap angekommen!!