Mittwoch, 18. September 2013

Deutschland 1: Von Rostock nach Berlin

4.8.2013  bis  9.8.2013

Vor genau einem Jahr sind wir am 4.8. von Köln aus aufgebrochen, heute kehren wir wieder nach Deutschland zurück. Ein schönes Gefühl, obwohl damit unwiderruflich das Ende des Sabbatjahres naht.  Die deutsche Sprache klingt uns nach so langer Abwesenheit am Anfang immer etwas fremd in den Ohren. Am meisten vermisst haben wir dunkles Brot, aber da wurde unser Nachholbedarf schon in Island gestillt.

Unsere erste Station in Deutschland ist Rostock in Mecklenburg-Vorpommern. Vor zwei Jahren haben wir hier unsere Fahrradtour entlang der alten innerdeutschen Grenze gestartet, bei grauem, trübem Wetter – da kam uns die einstige Hansestadt nicht so attraktiv vor. Heute dagegen scheint die Sonne und die Stadtsilhouette von Rostock sieht mit ihrer mittelalterlichen Architektur richtig schön aus. Wir bleiben bei Johanna und ihrer kleinen Tochter Lieke, Papa Jelle fährt zur See und ist gerade unterwegs. Auf dem großen Grundstück der Familie steht schon bald unser Zelt unter Obstbäumen – ein toller Auftakt für den letzten Teil unserer Reise.

Fünf Tage brauchen wir von Rostock bis nach Berlin, meist dem Fernradweg Berlin-Kopenhagen folgend. Das Radwegenetz in Mecklenburg-Vorpommern ist ausgezeichnet, es gibt unendlich viele Routen, nirgendwo sonst in Deutschland haben wir je so viele Radtouristen gesehen – kein Wunder, man fährt hier fast ausschließlich flach.

Hinter Rostock radeln wir schon bald mitten durch die Mecklenburgische Seenplatte, das ist eine eher ruhige Landschaft, aber uns gefällt sie supergut. Nicht ein Tag vergeht, an dem wir nicht ins Schwärmen geraten, wie schön es hier ist – und was es hier alles zu entdecken gibt: Schmucke Kleinstädte mit viel Geschichte, hübsche Dörfer, unzählige Seen, darunter die Müritz, den größten Binnensee Deutschlands..... Durch den Müritz-Nationalpark fahren wir, durch Wälder, Wiesen, Auen, dann wieder folgen wir Alleen mit prächtigen Bäumen – die Strecke ist sehr abwechslungsreich und es ist ein Jammer, dass wir nicht mehr Zeit zum Schauen und Verweilen haben. Den kurzen Abstecher zum früheren Jagdsitz von Erich Honecker am Drewitzer See gönnen wir uns aber – die Anlage wurde mittlerweile in ein Hotel umgewandelt, in dem man edel übernachten kann, u. a. in Zimmern, die ganz in Rot ausgestattet sind. Ansonsten staunen wir immer wieder, wie sang- und klanglos die DDR untergegangen ist. Fast nichts ist, jedenfalls rein äußerlich, übrig geblieben aus den 40 Jahren – außer ein paar mausgrauen Häusern, verfallenden LPG-Gebäuden und dem entzückenden Ampelmännchen.  Aber natürlich lebt die DDR in der Ostalgie weiter, Soljanka und Bautzner Senf sind nur ein paar Beispiele dafür, gleichzeitig aber auch gute Geschäftsideen!

Was uns noch auffällt, ist die große Hilfsbereitschaft hier: Fast immer wenn wir anhalten und auf Karte oder GPS schauen, werden wir angesprochen: Ob wir Hilfe bräuchten, wohin wir denn wollten.....Manchmal gehen oder fahren die Leute ein Stück mit uns, nur damit wir bloß den richtigen Weg finden. In Westdeutschland wird uns das später nicht mehr so häufig passieren. Ist das ein Loblied auf die „Ossis“? Ja, ist es. Schon bei unserer Grenztour im Sommer 2011 fühlten wir uns als Radfahrer hier außerordentlich freundlich aufgenommen.

Am 9.8. kommen wir gegen Mittag am Brandenburger Tor an. Das ist schon ein tolles Gefühl – vor einem Jahr in Köln aufgebrochen, einmal rund um die Welt und jetzt in Berlin! Es ist knallheiß, wir machen eine lange Pause und genießen die „Berliner Luft“. Aber wir müssen noch weiter – in der Nähe von Potsdam erwartet uns heute Abend Peter, ein alter Freund aus Studententagen. Er hat lecker gekocht und serviert uns am nächsten Morgen ein Sonntagsfrühstück, obwohl doch erst Samstag ist. Jeden Tag verwöhnt Peter uns mit leckeren Brötchen und frisch gebrühtem Kaffee – so einen Luxus hatten wir lange nicht mehr!



Die Skyline von Rostock


Bei Johanna und Lieke


Revolutionärer Reiseradler  (unten im Bild)
vor der "Gedenkstätte revolutionärer Matrosen" 
aus der DDR-Zeit am Warnow-Ufer in Rostock


Wappen von Meck-Pom mit mecklenburgischem Stier und pommerschem Greif




Brauchbar nur noch als Storch-Biotop: Oft sieht man
 verfallende LPG-Gebäude aus DDR-Zeiten.


In der DDR gab es keine Fassadenfarbe, deswegen 
sahen damals ALLE Häuser so mausgrau aus.


Ostalgie: Scharf-saure Soljanka


Ostalgie: Ampelmännchen


Verfallendes Gebäude aus längst vergangener Zeit



Einschusslöcher in der Fassade: Dieses Haus wurde im II. Weltkrieg beschädigt - und bis heute nicht repariert!!


Honeckers Jagdhaus in der Nähe von Müritz: Eine holländische Hotelkette hat das...
Die Datsche von DDR-Staatschef Erich Honecker am Drewitzer See: 
Heute ein Viersterne-Hotel

       Honni mit Kleinbürger-Geschmack: Röhrender Hirsch vor seiner Datsche

Eine Sitzgruppe in der 100 Quadratmeter großen Honecker-Suite in der Jagdresidenz des früheren Staatsratsvorsitzenden der DDR, Erich Honecker, aufgenommen am Montag (21.11.11) in Drewitz. Foto: dapd
Hier empfing Honnecker seine Staatsgäste,
meist aus den sozialistischen Bruderländern.




UNSER "wildes" Sterne-Domizil 

Allee mit Maulbeerbäumen aus dem 18. Jahrhundert.
Der Alte Fritz ließ in Preußen Millionen von Maulbeerbäumen 
zur Seidenproduktion pflanzen.


Der Soli macht´s möglich: 
Genussradeln auf super ausgebauten Fahrradstraßen
 im waldreichen Meck-Pom

Wassersportparadies Meck-Pom

Mecklenburgische Seenplatte: Abendstimmung am Zelt


Besser als Dusche: Reiseradlers Morgentoilette

Wir überqueren die Grenze nach Brandenburg



Hier wurden die Ziegeln für den Ausbau Berlins gebrannt: 
Ziegeleipark Mildenberg, heute ein Museum 



Die Radroute geht mitten durch die Zehdenicker Tonstichlandschaft - 
eine der schönsten Regionen Brandenburgs



Radlparadies Ostdeutschland


Oranienburger Schloss mit Schlosspark


Zelten direkt am Schlosspark 
auf dem Campingplatz des Kanuvereins in Oranienburg


 Überbleibsel aus DDR-Zeiten: 
Informationstafel an einem Haus in Oranienburg 

Ich verstehe nicht, warum Uschi diese Friseur-Werbung so toll findet.

An der Havel kurz vor Berlin

Geschafft! Wir sind in Berlin, am Reichstag