Dienstag, 2. April 2013

In Hongkong

2.3. bis 6.3.2013

1992 waren wir das letzte Mal in Hongkong, das damals noch britische Kronkolonie war. Natürlich können wir uns noch an die Skyline erinnern, die spektakuläre Lage direkt am Meer, die schmale Wasserstraße, die die Hongkong-Insel vom Stadtteil Kowloon auf dem Festland trennt, die Star Ferry, die regelmäßig zwischen Hongkong und Kowloon verkehrt ….. Aber ansonsten hat sich in den letzten 20 Jahren so viel verändert, dass wir kaum noch etwas wiedererkennen. Die Zahl und die Höhe der Wolkenkratzer scheint beträchtlich zugenommen zu haben, der Luxus in den großen „Malls“ kennt keine Grenzen. Am ersten Tag verlaufen wir uns in der IFC-Mall im Stadtbezirk Central. Über 200 Haute-Couture Boutiquen, Outlets etc. warten in diesem mondänen Einkaufszentrum auf zahlungskräftige Kundschaft, ganz zu schweigen von den superfeinen Restaurants….

Wir bleiben vier Tage in Hongkong und wohnen auf Lantau, der größten Insel. Unser Hotel hier hätten wir zur Not vom Flughafen auch per Fahrrad erreichen können - allerdings nur über eine sehr steile Straße mit Steigungen von über 16% - unter einheimischen Radlern bekannt als "The Beast". Aber zu unserem Glück sind die chinesischen Taxifahrer extrem flexibel: Die verpackten Räder kommen in den Kofferraum, die Klappe wird mit Gummibändern fixiert - und für rund 16 € werden wir vor dem Hotel abgesetzt! Lantau ist im übrigen keine schlechte Wahl. Hier geht es ruhig und geradezu ländlich-beschaulich zu. Vielleicht zieht die Insel deshalb auch so viele westliche Ausländer an, die sich in dieser Umgebung eher heimisch fühlen als in einer Wolkenkratzerwohnung im 100. Stock….. Aber natürlich ist Wohnraum auf Lantau auch viel billiger. 

Zwischen Lantau und Hongkong verkehren bis spät in die Nacht hinein Fähren, die langsame braucht eine Stunde, die schnelle eine halbe Stunde. Wir wohnen nur 7 Gehminuten vom Fährhafen entfernt in dem kleinen Ort Mui Wo. Für das langsame Boot bezahlen wir ca. 2 Euro pro Person. Öffentlicher Transport ist in Hongkong unglaublich billig, auch Taxis sind sehr preiswert. 

Auf der Hongkong-Insel schauen wir uns den Man Mo-Tempel an und lassen uns ansonsten einfach nur durch die Straßen treiben. Einen Tag verbringen wir in Kowloon, dem Stadtteil gegenüber der Hongkong-Insel auf dem Festland, wo wir bei unseren vergangenen beiden Besuchen gewohnt haben. Natürlich nehmen wir für die kurze Fahrt über den „Victoria Harbour“ die „Star Ferry“. Man ist nicht wirklich in Hongkong gewesen, wenn man nicht mit der „Star Ferry“ gefahren ist, heißt es. Die Fähre ist eine Institution und aus Hongkong nicht wegzudenken. Obwohl es mittlerweile den „Cross-Harbour“-Tunnel gibt, wird sie nicht nur von Touristen immer noch gerne benutzt.

Nach unserer Erinnerung gab es in Kowloon früher viel mehr authentisches chinesisches Leben, Garküchen, kleine Läden etc., aber das ist unglaubliche 20 bzw. fast 30 Jahre her! Kowloon ist zwar längst nicht so mondän wie die Hongkong-Insel, aber auch hier gibt es jetzt superschicke Einkaufszentren und jede Menge Luxusgeschäfte v.a. entlang der zentralen Nathan Road. Bekannt ist Kowloon bzw. der Stadtteil Yau Ma Tei auch für seine touristischen Märkte, den „Ladies` Market“ z.B. und den Nachtmarkt in der Temple Street, beide schauen wir uns an. Ein wahres Prachtstück ist die Uferpromenade von Kowloon mit der „Avenue of the Stars“, auf der auch Bruce Lee, der berühmteste chinesische Kampfkünstler, verewigt ist. Hier kann man gemütlich entlangschlendern oder bei Starbucks einen teuren Kaffee trinken und hat immer die Skyline der Hongkong-Insel gegenüber im Blick. Bei der allabendlichen Lightshow tanzen nach einer ausgefeilten Choreographie die Lichter auf den Wolkenkratzern, dann herrscht auf der Promenade dichtes Gedränge. Die Skyline der Hochhäuser ist eben die eigentliche Sehenswürdigkeit in Hongkong. Der spektakulärste Blick bietet sich vom 552 m hohen Victoria Peak, der höchsten Erhebung der Hongkong-Insel. Dorthin fahren wir zweimal, einmal am Tag, einmal am Abend. Um den Peak herum führt ein 3,5 km langer Rundweg. Von dort kann man aus wechselnden Blickwinkeln gut sehen, wie sich die Wolkenkratzer vom Hafen bis in die dschungelbedeckten Hügel hinaufziehen. Es ist die Aussicht auf eine der spektakulärsten Stadtlandschaften der Welt.

Ein Erlebnis ist auch eine Fahrt mit der altehrwürdigen Hongkonger Doppeldecker-Straßenbahn, die auf einer 16 km langen Strecke entlang der Nordküste der Hongkong-Insel verkehrt. Für einen Einheitspreis von nur 23 Eurocent kann man hier so weit fahren, wie man möchte. Wir ergattern einen Panoramaplatz an der Frontscheibe in der oberen Etage und haben erstklassige Blicke.
Aber Hongkong hat nicht nur das Stadterlebnis zu bieten, sondern auch menschenleere Wildnis. Die „New Territories“, so genannt, weil sie erst 1898 an Großbritannien verpachtet wurden, fast 60 Jahre nachdem das Empire Hongkong besetzt hatte, sind überwiegend ländlich geprägt. Hier kann man aus einem ganzen Netz von Wanderwegen wählen. Auch Lantau hat auf dem 70 km langen Lantau Trail einsame Wildnis zu bieten.  Eigentlich wollten wir zumindest ein Stück davon laufen, aber die Zeit reicht nicht – ein Sabbatjahr ist einfach zu kurz, das ist unser größtes Problem, nicht nur in Hongkong!

Hongkong, Lantau und Kowloon:




              Hongkong

StepMap Hongkong






Wolkenkratzer in Hongkong: 
Bei unserer Ankunft ist das Wetter ziemlich schlecht.

Nein, das ist NICHT das Foyer eines Kunstmuseums oder eines Theaters:
 So edel sieht es hier in der U-Bahn aus.



Seit fast 130 Jahren verbindet die Star Ferry Hongkong Island und Kowloon.
Sie gilt als Symbol des traditionellen Hongkong.



Star Ferry vor untergehender Sonne



Trotz des hohen Verkehrsaufkommens ist Hongkong durchaus fußgängerfreundlich.


Das öffentliche Nahverkehrssystem ist hervorragend ausgebaut und
 sehr preiswert. Man hat die Wahl zwischen Fähren, Straßenbahnen, 
Bussen, U-Bahn und Taxis.
 Eine Fahrt mit dieser Doppeldecker-Straßenbahn kostet -
 unabhängig von der Streckenlänge - umgerechnet ganze 23 Cent.
Fahrräder sieht man übrigens im Stadtverkehr NIE. Auch wir verzichten hier
 aufs Radeln und lassen die Räder eingepackt.



Doppeldecker-Straßenbahn als Werbeträger (1):
 Im Hongkong Museum of Modern Art gibt es 
gerade eine Warhol-Retrospektive.



Doppeldecker-Straßenbahn als Werbeträger (2): 
Unser nächstes Reiseziel Okinawa wirbt hier um Touristen aus Hongkong.



Ein Land, zwei Systeme: 
Obwohl Hongkong seit 1997 Bestandteil der Volksrepublik China ist, 
werden antikommunistische Plakate und Flugblätter offensichtlich geduldet.



Politische Propaganda scheint die Bürger Hongkongs 
allerdings eher wenig zu interessieren. 
Ihr wichtigster Lebensinhalt: STATUSKONSUM - so jedenfalls unser Eindruck.
Die Stadt hat übrigens weltweit die höchste pro Kopf-Dichte an Rolls Royce.




Auch wir können uns den Verlockungen der Konsumwelt nicht entziehen. 
Uschi verliebt sich in die Brosche aus blauem Saphir ...



... ich meinerseits brauche unbedingt ein neues Teleobjektiv.
Der Umtauschkurs ist für uns übrigens sehr günstig:
 Für einen Hongkong-Dollar zahlt man ganze 10 Euro-Cent!!




Der (KP-) Vorsitzende Mao Tse-tung hätte solch lasterhaften Konsum sicher gar nicht goutiert ...



... und seine Roten Garden mit der Ausrottung dieser 
dekadenten Tendenzen beauftragt.



Hier der "Große Steuermann" Mao (2. von rechts) im Kreise seiner Genossen: Links neben ihm der seinerzeit als gemäßigt geltende Premierminister Tschou En-lai, rechts Verteidigungsminister  Lin Piao, der 1971 - wahrscheinlich nach einem gescheiterten Putsch - auf der Flucht vor Mao bei einem Flugzeugabsturz über der Mongolei ums Leben kam. 
An die Person links erinnere ich mich nicht mehr, wer kann mir helfen??

Diese kommunistischen Memorabilien entdeckten wir übrigens in einem der vielen Antiquitätengeschäfte in der Nähe des Man Mo-Tempels.



Man Mo - Tempel (1): An der Decke hängen  unzählige riesengroße Räucherspiralen.



Man Mo - Tempel (2)



Man Mo - Tempel (3)



Nach unserer Tempelbesichtigung sind wir sehr hungrig. 
Trotz knurrender Mägen verzichten wir aber auf die hier angebotenen frischen Seegurken ...



... und halten uns lieber an diese leckeren Dim Sum.



Blick vom Victoria Peak auf Hongkong Island (im Vordergrund), Victoria Harbour und Kowloon auf der anderen Seite.



Abends am Victoria Peak: Blick auf die wohl spektakulärste Stadtlandschaft der Welt



Statue von Bruce Lee mit Nachahmer auf der Uferpromenade von Kowloon



Chinesische Neujahrslaternen an der Uferpromenade



Chinesische Neujahrslaternen (2)



Abendliche Leuchtreklame in der Temple Street (Kowloon)




Lightshow am Victoria Harbour - von Kowloon aus gesehen.



Hafen von Mui Wo: Wir sind jedesmal froh, wenn wir mit der Fähre
 vom trubeligen Hongkong auf "unsere" ruhige,  
beschauliche Insel Lantau zurückfahren...


... auch wenn unser schmuddeliges, verwohntes Mini-Apartment 
mit umgerechnet 80 € pro Nacht unverschämt teuer ist.