Montag, 1. Oktober 2012

Spanien 1: Durch Aragon - Schluchten, Dörfer, Zaragoza

27.9.2012 bis 30.9.2012

Unsere Strecke durch Spanien sieht grob geplant so aus:


Spanien

StepMap Spanien


Wir wollen das Land von Norden nach Süden durchqueren, von den Pyrenäen über Jaca und Zaragoza (Aragonien), Cuenca (Kastilien- La Mancha), Granada und Ronda (Andalusien) nach Gibraltar. Von dort soll es dann mit dem Bus über Sevilla zurück nach Madrid gehen.

Unsere erste Stadt in Spanien ist Jaca im äußersten Norden von Aragonien, wo wir schon gegen Mittag ankommen. Als wir voller Tatendrang den Ort erkunden wollen, lernen wir gleich unsere erste spanische Lektion: Am Nachmittag läuft in diesem Land gar nichts. Fast alle Geschäfte schließen spätestens um 14 Uhr, oft früher, und öffnen erst wieder ab 17.30 Uhr. Selbst größere Ortschaften fallen während der Siesta in eine Art Koma, die Straßen sind wir leer gefegt, als seien alle Bewohner vor einer schlimmen Seuche geflüchtet. Manchmal ist uns das geradezu unheimlich. Sogar in den sonst so gut besuchten Bars und Cafes lärmt um diese Zeit nur der Fernseher. Einen Kaffee bekommt man zwar immer, aber als wir einmal am Nachmittag in einem Restaurant Essen bestellen wollen, ernten wir nur missbilligende Blicke. Gegen Abend füllen sich die Straßen wieder, bis spät in die Nacht herrscht dann auf Plätzen und in Restaurants, Bars etc. Hochbetrieb. Dabei sind die Spanier immer mit Kind und Kegel unterwegs. Es ist nicht ungewöhnlich, dass nachts um 23 Uhr noch Babys durch die Stadt geschoben werden oder in überfüllten Tapas-Bars ausharren müssen.

Auf dem Wege nach Zaragoza merken wir schnell, dass in Spanien auch sonst vieles anders ist als in Mitteleuropa. Spanien ist fast anderthalbmal so groß wie Deutschland, hat aber nur 47 Millionen Einwohner. Das entspricht einer Bevölkerungsdichte von 93 Einwohnern/qkm (Deutschland: 229 Einwohner/qkm). Diese Zahlen sagen aber noch nicht alles, weil sich die spanische Bevölkerung in den Metropolen und an den Küsten konzentriert. Das Landesinnere ist außerhalb der Städte quasi unbewohnt. In Aragonien, der am dünnsten besiedelten Region Spaniens, aber auch später in Kastilien begegnet  uns manchmal stundenlang nur eine Handvoll Autos. Uns scheint, wir radeln durch ein leeres Land. Die Landschaftseindrücke sind überwältigend und für Europa einmalig. So eine Weite und Einsamkeit kennen wir sonst nur aus den USA. Auch die Farben, Rot, Gelb, Ocker, die Sierras, Schluchten und  Erosionsformen erinnern uns sehr an den Süd-Westen der USA, Utah und Arizona.

Bei aller Schönheit - einladend wirkt die Natur hier nicht gerade, im Gegenteil, eher schroff und abweisend. Selbst im Oktober wird es tagsüber noch sehr heiß - was für ein Glutofen muss das hier im Sommer sein! Der Boden ist karg und trocken und sieht jetzt im Herbst geradezu wüstenhaft aus.

Besonders beeindruckend finden wir in Aragonien die Dörfer. Meist liegen sie sehr fotogen auf Hügeln, dominiert von einer mächtigen Kirche und oft zusätzlich von einer Burg, die Häuser alle im traditionellen Stil erbaut aus den typischen Steinen der Region. Man hat den Eindruck, dass hier die Zeit stehengeblieben ist, und fühlt sich ins Mittelalter zurückversetzt. Oft sehen wir aber auch unbewohnte und verfallen(d)e Häuser. Die gepflasterten Gassen sind fast menschenleer, junge Menschen sehen wir fast nie, allenfalls ein paar alte Leute, die auf den Brotwagen aus dem nächsten größeren Ort warten.  Was für die Touristen vielleicht pittoresk wirken mag, hat für die Bewohner eine ganz andere Realität. In den letzten Jahrzehnten hat in Spanien eine dramatische Landflucht stattgefunden. Die Menschen zieht es in die großen Städte und die boomenden Küstenregionen.

Nach wenigen Tagen erreichen wir Zaragoza und können nach der einsamen Zeit in den Bergen etwas Großstadtluft schnuppern.....




Zitadelle von Jaca: Blick zurück auf die Pyrenäen


Felsenkloster San Juan de la Pena: Kreuzgang aus dem 11. Jahrhundert




Rote Felsen wie sonst nur in Utah: Die Mallas (Vor-Pyrenäen)




Geier-Suchbild:
Wie viele der Riesenvögel sitzen hier in ihren Felshöhlen?
Nach Wiederansiedlungsprogrammen gibt es in Spanien wieder einige tausend Geier. Sie können nur deswegen überleben, weil sie von Menschen gefüttert werden, z.B. mit Schlachtabfällen aus der Massentierhaltung ....

.


... oder wie hier mit Jagdabfällen. Wie allerdings der Wanderstiefel und das Essbesteck zu dem Wildschweinkadaver gekommen sind, darüber kann man nur Mutmaßungen anstellen.




Die Farben Gelb und Braun dominieren die Landschaft.




Dorf in Aragon (1)




Dorf in Aragon (2)




Kein Durchkommen zur Jalon-Schlucht: Ein Staudammprojekt versperrt den Weg




Wir suchen eine Alternativstrecke durch die Jalon-Schlucht




Vergeblich! Kurz hinter dieser Ruine geben wir auf .... 




 und fahren bzw. schieben durch die untere Jalon-Schlucht ...



z.T durch Bambus-Dschungel ...



... bis zum Dorf Ricla. Hier steigen wir in den Zug und 
durchfahren die Schluchtstrecke mit der Eisenbahn.




Zaragoza: Marienwallfahrtskirche Basilika del Pilar 
und Brücke aus dem Mittelalter bei Vollmond (!)




 Bomben als Kirchenschmuck: Diese beiden Bomben sind bei einem Luftangriff auf  die Basilika während des spanischen Bürgerkrieges nicht explodiert. 
Welch ein Beweis für die Wunderkraft Mariens!