Der letzte burmesische König, der im Königspalast von Mandalay lebte, wurde 1885 von den Briten ins indische Exil geschickt und Burma zu einer Provinz der Kolonie Britisch-Indien degradiert. Jahrzehntelang verschwand das einst so stolze Königreich von der politischen Landkarte.
Während des 2. Weltkrieges wurde
Burma von japanischen Truppen besetzt. Auf ihrer Seite kämpfte
der spätere Nationalheld AUNG SAN,
weil er sich von den Japanern Unterstützung im Kampf um die Unabhängigkeit von
den Briten erhoffte. Zuerst als Befreier empfunden, entpuppten sich die Japaner
in Burma jedoch sehr bald als brutale und arrogante Besatzer, die selbst die
britischen Kolonialherren in den Schatten stellten. Ihr Slogan „Asien den
Asiaten“ war nichts als eine Leerformel zur Verdeckung ihrer imperialistischen
Intentionen. Als die Amerikaner und Briten 1944 in Burma einen
Rückeroberungsfeldzug gegen die Japaner begannen, stellte sich Aung San deshalb
auf die alliierte Seite und begann nach der Kapitulation Japans im Mai 1945
direkt mit den Briten über die Zukunft seines Landes zu verhandeln. Aber der
Vielvölkerstaat Burma war innerlich zerrissen, und dass Aung San viele Feinde
im eigenen Land hatte, zeigte sich spätestens am 19.7.1947, als der erst
32jährige während einer Sitzung des Verfassungskomitees zusammen mit anderen
Politikern erschossen wurde. Seine Tochter, AUNG SAN SUU KYI , die ab 1988 in
die Geschicke ihres Landes eingreifen sollte, war damals erst 2 Jahre alt.
Am 4. Januar 1948 wurde Burma
unabhängig. Die junge Demokratie hatte es schwer. Weil einzelne Volksgruppen
nach Autonomie strebten, kam es überall zu Unruhen, Rebellenarmeen begannen das
Land zu kontrollieren, ganz Burma drohte im Chaos zu versinken. Im März
1962 übernahm General Ne Win, einer der früheren Gefährten Aung Sans, durch
einen Militärputsch die Macht. Er ließ führende Politiker ins Gefängnis werfen,
protestierende Studenten inhaftieren und
propagierte schon bald den „burmesischen Weg zum Sozialismus“, eine krude
Mischung aus Marxismus und Buddhismus, mit vollständiger Autarkie als zentralem
Ziel. Privatbetriebe wurden verstaatlicht, ausländische Firmen des Landes
verwiesen, sämtliche Oppositionsparteien verboten. Außenpolitisch führte Ne Win
Burma in die absolute Isolation. Fast 10 Jahre lang konnten sich Ausländer
höchstens 24 Stunden bis 3 Tage im Land aufhalten, Anfang der 70er Jahre wurden
die Visa dann auf 7 Tage verlängert. Innerhalb weniger Jahre war das völlig abgeschottete Land durch
Inkompetenz, Korruption und die maßlose Selbstbereicherung des Militärs völlig
heruntergewirtschaftet. Ne Win starb, damals schon lange entmachtet, 2002 im
Hausarrest. In Burma weinte dem Despoten sicher niemand eine Träne nach. Der
General interessierte sich, wie so viele Burmesen, für die Wahrsagerei und war
ein Anhänger der Zahlenmystik. Sein fanatisches Verhältnis zur Glückszahl 9
nahm 1987 mit der Einführung von 45- und 90-Kyatnoten bizarre Formen an.
Angeblich war ihm geweissagt worden, er würde 90 (er wurde 91), wenn er das
Währungssystem auf die Basis der Zahl 9 umstellen würde. Die gängigen Banknoten
wurden ohne Kompensation für ungültig erklärt, viele Menschen verloren damals
ihr Erspartes. U.a.
deswegen kam es zu schweren Unruhen, die im März 1988 eskalierten und sich zu
Massendemonstrationen ausweiteten, die brutal niedergeschlagen wurden.
Zu diesem Zeitpunkt hielt sich Aung
San Suu Kyi, die Tochter des so früh verstorbenen und von allen Burmesen
verehrten Nationalhelden Aung San in Burma auf, um ihre schwerkranke Mutter zu
pflegen. Sie hatte bis dahin hauptsächlich im Ausland gelebt, war mit dem
Engländer Michael Aris verheiratet und hatte zwei Söhne, führte also ein eher
unauffälliges Leben. Ihren Vater hatte Suu Kyi kaum gekannt, sich aber viel mit
ihm beschäftigt und ein Buch über ihn geschrieben. Ihrer Verantwortung für
Burma als Tochter des Nationalhelden war sie sich jedoch stets bewusst und
bereit, ihre Rolle zu übernehmen, wenn sie gebraucht würde. 1988 war dieser
Zeitpunkt gekommen. Suu Kyi blieb in Burma, gründete mit Freunden die „National
League for Democracy“ (NLD) und
wurde schnell zur Leitfigur der Demokratiebewegung und zum Symbol des
gewaltlosen Widerstandes gegen die Militärregierung. Im Sommer 1988 hielt sie
in der Shwedagon-Pagode in Yangon ihre erste öffentliche Rede. Dem Militär war
die kämpferische „Lady“, wie sie von den Burmesen auch respektvoll genannt
wird, natürlich ein Dorn im Auge. Um sie zum Verlassen des Landes zu bewegen,
wurde ihrem Mann und ihren damals noch minderjährigen Söhnen bald die Einreise
nach Burma verweigert, aber sie blieb. Bereits 1991 erhielt sie für ihren
gewaltlosen Kampf für Demokratie und Menschenrechte den Friedensnobelpreis, den
ihre Familie für sie entgegennahm. Sie selbst konnte an der Verleihung nicht
teilnehmen, weil sie befürchten musste, nicht wieder nach Burma einreisen zu
dürfen. Aus Angst vor ihrer Popularität stellte das Militär sie die meiste Zeit
unter Hausarrest, traute sich aber offenbar nicht, gegen die Tochter des
Nationalhelden gewaltsam vorzugehen. Sie konnte auch ihren krebskranken Mann
nicht mehr sehen, der 1999 im Alter von nur 53 Jahren starb.
Für die meisten Beobachter
unerwartet vollzog sich ab 2010 in der burmesischen Innenpolitik ein
radikaler Wandel: Die Militärregierung machte die wirtschaftliche Öffnung und
Demokratisierung des Landes zu ihrem erklärten Ziel. Im November 2010 wurde Suu
Kyi aus dem Hausarrest entlassen. Mittlerweile hat sie einen Parlamentssitz
inne und nahm im Mai 2012 in Bangkok an einem Wirtschaftsforum teil. Es war
ihre erste Auslandsreise seit 24 Jahren. Ebenfalls 2012 unternahm sie eine
Europareise und empfing im November 2012 Barack Obama in ihrer privaten
Residenz in Yangon. Es gibt also Anlass zu Optimismus, dass sich Burma
nachhaltig verändert.
Über die Gründe dieser Kehrtwende
kann nur spekuliert werden. Unser burmesischer Freund Moh sieht als zentrales
Motiv die Sorge der Militärjunta um ihre persönliche Sicherheit. Auf lange
Sicht konnte die Politik der Unterdrückung nicht mehr funktionieren. Die
Erfolgsaussichten der Wende schätzt Moh auf 75%. Es sei zwar unwahrscheinlich,
aber auch nicht völlig auszuschließen, dass ultrakonservative Generäle eine
Rückkehr zur „alten“ Politik durchzusetzen versuchten, meinte er.
Manche ausländischen Beobachter
vermuten, dass die Militärregierung durch das vermehrte Anlocken westlicher
Investoren ein Gegenwicht zur chinesischen Dominanz schaffen will.
Die Chinesen waren quasi dabei, Burma zu ihrem Vasallenstaat zu machen. Ganz abgesehen
davon sind sie bei den Burmesen nicht sehr beliebt, sie gelten als herrisch, arrogant
und rüde.
Wie auch immer die Rolle von Aung
San Suu Kyi in Zukunft aussehen wird – sie bleibt mit Sicherheit eine
bedeutende politische und moralische Kraft. Wie sehr sie vom Volk geliebt und
geschätzt wird, konnten wir auf unserer Fahrradtour sehen: Die „Lady“ und
ihr berühmter Vater sind allgegenwärtig, ihre Bilder finden sich wirklich
überall. Dieser geballten Ikonographie haben die Militärmachthaber nichts entgegenzusetzen.
Die "National League for Democracy" ist die Partei von AUNG SAN SUU KYI
Ein Parteibüro der NLD in den Bergen vor Kalaw.
Als wir dieses Foto machen, werden wir ins Haus gebeten...
Im NLD-Parteibüro (1): Fotos der Friedensnobelpreisträgerin
AUNG SAN SUU KYI und ihres Vaters, Bogyoke (General) Aung San.
Im NLD-Parteibüro (2): Vater und Tochter
Im NLD-Parteibüro (3)
"Tatmadaw and the people cooperate and crush all those harming the nation."
Politische Propaganda des Militärs (burmesisch "Tatmadaw")
an den Mauern des Königspalastes von Mandalay (1).
Politische Propaganda in Mandalay (2):
"The Tatmadaw shall never betray the national cause"
In einem Bierlokal am Inle-See
In unserem Lieblingsrestaurant am Inle-See
Fahrradrikscha mit Bild von AUNG SAN SUU KYI (Mandalay)
Parteisymbol der NLD