10.8.2013 und
11.8.2013
Zwei
Tage bleiben wir bei Peter und erkunden mit den Rädern Berlin. Viel Zeit ist
das nicht, aber wir sind ja nicht zum ersten Male hier. Uns interessieren v.a.
Spuren der geteilten Stadt. Deshalb schauen wir uns zuerst die Gedenkstätte zur
Mauer in der Bernauer Straße an. Der Ort ist gut gewählt, Bilder von der
Bernauer Straße gingen seinerzeit um die Welt, z.B. von den Fenstersprüngen
verzweifelter DDR-Bürger aus den oberen Stockwerken, während im Erdgeschoss
bereits die Fenster zugemauert wurden. Oder das berühmte Foto des DDR-Soldaten
Conrad Schumacher, der hier am 15. August 1961 über den Stacheldraht in den
Westen sprang. Später wurden hier von Hand Fluchttunnel unter Mauer und
Todesstreifen hindurch gegraben. Heute ist in der Bernauer Straße u.a. noch ein
Mauerabschnitt mit sämtlichen Sperranlagen zu sehen, eingefriedet mit
meterhohen Stahlwänden. Durch Sehschlitze kann man in die Anlage schauen, aber
den besten Blick hat man vom Aussichtsturm gegenüber. Außerdem gibt es ein sehr
interessantes Dokumentations- und ein großes Besucherzentrum. Die Gedenkstätte
wurde bereits 1998 eingeweiht, wird aber immer noch weiter ausgebaut.
Zum
wiederholten Male schauen wir uns die „Eastside Gallery“ an, mit rund 1300 m
das längste noch verbliebene Stück Ostberliner Hinterlandmauer, das 1990 von
Künstlern aus aller Welt bemalt wurde. Unweit des Brandenburger Tors gibt es in
der Niederkirchnerstraße noch ein ca. 200 m langes Stück Vorderlandmauer, dort
fahren wir auch wieder vorbei. Überall drängen sich Touristen, alle wollen
natürlich die Mauerreste sehen. Viel ist ja nicht übriggeblieben von den fast
160 km Mauer, die Westberlin von der DDR trennten.
Natürlich
schauen wir uns auch im Regierungsviertel um, schlendern durch das
multikulturelle Kreuzberg, fahren zum Alexanderplatz und die Straße des 17.
Juni entlang zur Siegessäule, zum ehemaligen Grenzübergang „Checkpoint Charlie“
und, und..... Mit dem Fahrrad ist das alles kein Problem.
Auf
dem Dorotheenstädtischen Friedhof suchen wir nach dem Grab von Herbert Marcuse,
der 1979 während einer Deutschlandreise in Starnberg starb. Seine Witwe ließ
ihn in Österreich einäschern, weil sie fand, dass in Deutschland schon zu viele
Juden verbrannt wurden. Die Asche überführte sie in die USA, wo sie jedoch nie
bestattet wurde, sondern in einem Beerdigungsinstitut in Vergessenheit geriet.
Eines Tages erhielt Enkel Harold, den wir vor kurzem in Kalifornien
kennengelernt haben, eine Anfrage, wo denn sein berühmter Großvater beerdigt
sei. So kam es, dass die Urne wiederentdeckt und schließlich 2003 auf dem
Dorotheenstädtischen Friedhof beigesetzt wurde. In der Nähe entdecken wir mehr
zufällig das Grab von Fritz Teufel, geschmückt mit einer großen
Haschischpflanze, einem kleinen Pflasterstein und einem Mini-Fahrrad – Teufel
arbeitete zuletzt als Fahrradkurier. Auf dem Grabstein steht sein berühmter
Spruch: „Wenn’s der Wahrheitsfindung dient!“
Der Aschenbecher auf dem Grab von Heiner Müller ist leer, bei unserem
letzten Besuch lag dort eine Zigarre. Der Schriftsteller war passionierter
Zigarrenraucher und starb an Lungenkrebs. Viel gibt es zu entdecken auf dem
Dorotheenstädtischen Friedhof, der
letzten Ruhestätte zahlreicher bedeutender Persönlichkeiten, Bertolt Brecht, Helene Weigel, Hanns Eisler, Fichte, Hegel, Heinrich Mann, Anna Seghers, Johannes Rau, um nur einige zu nennen.
Leider
vergeht die Zeit wie im Fluge. Am letzten Abend gehen wir mit Peter in Potsdam
zum Italiener. Von dieser wunderschönen Stadt und ihrer amphibischen Umgebung
haben wir dieses Mal gar nichts gesehen, aber wir waren ja früher schon mal
hier.
Unsere Berlin-Tage beginnen immer am Brandenburger Tor.
Als nächstes auf dem Programm: Besuch bei Mutti (Bundeskanzleramt)
Pause im Regierungsviertel am Spreebogen
Früher mussten wir unser DDR-Visum lange vorher beantragen,
heute erhält man es ganz unbürokratisch direkt hinter
der Zonengrenze am Brandenburger Tor :-))
Ausländische Besucher zwischen Soldaten der "Schutzmächte"
Auf dem rund 160 km langen Mauerradweg erfährt man viel
über die Geschichte der deutschen Teilung.
Der frühere Verlauf der Berliner Mauer ist durch eine
Doppelreihe Pflastersteine gekennzeichnet.
Blick vom Aussichtsturm auf den komplett erhaltenen/restaurierten Mauerabschnitt, u.a. mit Wachturm, Kolonnenweg und Todesstreifen an der Mauergedenkstätte Bernauer Straße.
Mauerabschnitt an der Bernauer Straße
Checkpoint Charly - mit amerikanischem Kulturinstitut im Hintergrund
Museumskomplex "Topographie des Terrors" an der Wilhelmstraße:
Hier befanden sich in der Nazizeit die Zentralen von Gestapo, SS
und Reichssicherheitshauptamt.
Hier befanden sich in der Nazizeit die Zentralen von Gestapo, SS
und Reichssicherheitshauptamt.
Unten sieht man Reste von Gestapo-Folterkellern,
im Hintergrund ein Abschnitt der Berliner Mauer.
Im Museumskomplex werden Machtergreifung und Nazi-Terror dokumentiert. Diese Foto z.B. zeigt begeisterte Nazi-Anhänger
bei der Bücherverbrennung im März 1933 .
Plakatsäulen des Themenjahres 2013
"Zerstörte Vielfalt in Berlin 1933-1938-1945"
Berliner Dom auf der Spreeinsel in (Ost-) Berlin Mitte
East Side Gallery: Breschnew und Honecker beim Bruderkuss
East Side Gallery: Republikflucht (1)
Republikflucht (2): Das konnte nur der Trabbi.
Wie man auf diesem Parkplatz sieht, ist der Trabbi
auch heute noch in Berlin sehr beliebt...
auch heute noch in Berlin sehr beliebt...
Gute Geschäftsidee, aber gar nichts für uns: Stadtsafari im Trabbi
Die Mauer führte mitten durch den Invalidenfriedhof, auf dem viele Prominente aus der preußisch-deutschen Militärgeschichte beerdigt sind.
Hier z.B. das Grabmal des preußischen Militärreformers v. Scharnhorst
Hier liegt Generaloberst v. Seeckt, in der Weimarer Republik Chef der Heeresleitung der Reichswehr. Er starb 1936 - seine Grabinschrift lässt sich als Hinweis auf die Zukunftspläne der Nazis lesen.
Grab des Philosophen Herbert Marcuse, Spiritus rector
der Studentenbewegung, auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof -
der Studentenbewegung, auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof -
die Form des Grabsteins soll an sein berühmtes Buch
"Der eindimensionale Mensch" erinnern.
Hier liegt Ex-Kommunarde und 68iger Enfant terrible Fritz Teufel.
Die "Ausstattungsdetails": u.a. (Kurier-)Fahrrad, Pflasterstein
mit Anarcho-"A", vier Marihuana-Pflanzen (man sieht hier nur die Stengel).
mit Anarcho-"A", vier Marihuana-Pflanzen (man sieht hier nur die Stengel).
Mit seinem Spruch oben hat er seinerzeit Justizgeschichte geschrieben ...
Während Marcuse, Teufel und Johannes Rau (s.u.) erst vor wenigen Jahren auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof bestattet wurden, liegen Bertold Brecht und Helene Weigel schon länger hier (seit 1956 bzw. 1971).
Der Philosoph Friedrich Hegel ruht hier sogar schon seit 1831.
Viele der "berühmten" älteren Gräber werden von DDR-Liedermacher
Wolf Biermann in seinem Lied über den Berliner "Hugenottenfriedhof" erwähnt. Am 13. November 1976 singt Biermann dieses Lied
Wolf Biermann in seinem Lied über den Berliner "Hugenottenfriedhof" erwähnt. Am 13. November 1976 singt Biermann dieses Lied
zum ersten Mal im Westen, und zwar...
... bei seinem legendären Auftritt in der Kölner Sporthalle.
Unter den Zuschauern, in der ersten Reihe:
Der junge Student Gerold Neuenburg.
Am Grab des ehemaligen nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten,
SPD-Vorsitzenden, SPD-Kanzlerkandidaten und Bundespräsidenten
Johannes Rau auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof.
SPD-Vorsitzenden, SPD-Kanzlerkandidaten und Bundespräsidenten
Johannes Rau auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof.
Ein trauriger Moment für mich, denn wir waren seit Mitte der siebziger Jahre "Duzfreunde" (kein Scherz). Zum letzten Mal begegnet sind wir uns
bei dieser Gelegenheit im Juni 2001 in Bonn ...
bei dieser Gelegenheit im Juni 2001 in Bonn ...
Nicht weit vom Friedhof entfernt in der Chausseestraße 131 essen wir lecker beim Italiener. In diesem Haus hat übrigens lange Wolf Biermann gewohnt und auch sein erstes Album aufgenommen.
Karl Marx und Friedrich Engels
mit Besuchern aus der kommunistischen Volksrepublik China
... und einem westdeutschen Reiseradler
Abschied vom Reichstag ....
... und von unserem Freund Peter