9.5.2013 bis
17.5.2013
Am nächsten
Tag fahren wir auf dem 17-Mile-Drive, einer wunderschönen Strecke, die direkt
an der hier noch weitgehend flachen Küste vorbeiführt, nach Carmel. Monterey
und Carmel wurden durch die Romane von John Steinbeck unsterblich, beide Orte
sind sehr touristisch, aber auch wunderschön. (J. Steinbecks Großvater wanderte
übrigens aus NRW in die USA aus, genauer gesagt aus Heiligenhaus, aber nicht
Heiligenhaus/Overath, sondern Mettmann). Hinter Carmel ist es mit dem flachen
Fahren vorbei, hier beginnt „Big Sur“, der legendäre, ca. 90 Meilen lange
Küstenstreifen zwischen Carmel und San Simeon, bekannt für seine schroffe
Felsenküste und die steil dahinter aufsteigenden Berge der Santa Lucia Range.
Wir decken uns mit Vorräten ein, jetzt kommt lange kein nennenswerter Ort mehr,
nur noch Einsamkeit und (fast) unberührte Natur. Es geht auf und ab, wir haben
phantastische Blicke von hohen Klippen zur steil abfallenden Küste. Wir
übernachten im Andrew Molera State Park, der nur einen Katzensprung von einem
wunderschönen Strand entfernt liegt. Heute Abend müssen wir unsere Lebensmittel
in Stahlschränken verstauen, denn unzählige Hörnchen lauern schon auf Nahrung.
Man darf keinen Krümel im Zelt lassen, die dreisten Nager knabbern sich auch
durch Zeltwände. Vor Jahren kamen wir in Utah einmal von einer Wanderung zurück
und überraschten ein Hörnchen, wie es gerade unsere Tortillachips verzehrte. Es
geriet so in Panik, dass es den Fluchtweg nicht mehr fand – zwei große Löcher,
die es in unser teures Hilleberg-Zelt gefressen hatte.
Auch am
nächsten Tag machen wir jede Menge Höhenmeter, es geht nur rauf und runter, bei
bestem Wetter und mit supertollen Blicken auf die einsame Felsenküste. Nur
vereinzelt balancieren Häuser auf den steilen Klippen, Wildcampen wäre hier
unmöglich und wo es doch ginge, stehen drohend „No trespassing“-Schilder. Der
Kirk Creek Campground, wo wir heute bleiben, liegt unten am Meer, ist
superschön, aber seit neuestem „trocken“ – und wir haben keinen Tropfen Wasser
mehr, doch freundliche Leute, die mit dem Auto da sind, helfen uns mit einer
Gallone aus.
Unser
letzter Tag an der Big-Sur-Küste ist noch einmal ein absoluter Höhepunkt. Der
Morgen beginnt neblig, aber mehrere lange Anstiege durch den Los Padres
National Forest bringen uns in die Sonne und belohnen uns mit tollen Blicken
auf das Nebelmeer unter uns. Aber auch heute bleibt die Strecke für Radfahrer
gefährlich. Wir haben keinen Zentimenter Randstreifen, es herrscht sehr starker
Verkehr, hauptsächlich von Touristen, die natürlich genauso begeistert wie wir
aufs Meer schauen und dabei gerne mal die Radler übersehen und oft nicht ahnen,
wie breit ihre gemieteten Caravans sind…… Im Laufe des Vormittags beginnt der
Nebel sich aufzulösen und wir haben atemberaubende Blicke auf die Steilküste.
Tief unter uns hören wir manchmal Seelöwen jaulen. Dann haben wir den
anstrengendsten Teil für heute hinter uns und es geht in flotter Fahrt zurück
auf Meereshöhe. Die Landschaft ändert sich, die Berge haben sich zurückgezogen,
wir fahren durch flaches, wüstenartiges Gebiet, stark angetrieben durch
Rückenwind. Einen spektakulären Stopp haben wir heute noch. Am Point Piedras
Blancas bevölkert eine See-Elefantenkolonie den Strand. Die gesamte Population
beträgt ca. 17.000, es sind nie alle Tiere da, aber die meisten zwischen Januar
und Mai. Im Moment ist Fellwechsel und viele See-Elefanten sehen etwas zerrupft
aus, manche kämpfen oder schreien laut, die meisten allerdings liegen einfach
nur lang ausgestreckt am Strand, dicht an dicht, das sieht total verrückt aus. (Live-Cam
unter www.elephantseal.org) Sie
lassen sich auch durch die vielen fotografierenden Touristen nicht aus der Ruhe
bringen. Die Männchen tauchen im Schnitt 20 bis 30 Minuten, können aber auch
mehr als zwei Stunden am Stück unter Wasser bleiben.
Der
spektakulärste Teil unserer Fahrradtour auf dem Pacific Coast Highway ist damit
vorbei. Hinter Big Sur fahren wir oft landeinwärts und ohne Küstenblicke, durch
Farmland und riesige Gemüseplantagen, aber auch das ist für uns ein Erlebnis:
Über die Weite der Landschaft in den USA staunen wir immer wieder aufs Neue.
Weniger schön finden wir den starken Verkehr, auch wenn wir jetzt oft einen
komfortablen Randstreifen haben. Kurz vor dem Refugio State Beach, unserem
vielleicht schönsten Campingplatz, der direkt am Meer liegt, haben wir eine skurrile
Begegnung. Wir halten an einem Rastplatz, mit uns kommt ein Auto an, dem eine
dralle Schönheit entsteigt. Zu Beginn verhält sich die Dame noch relativ normal
und stellt die üblichen Fragen: Woher, wohin….. Dann bricht es plötzlich aus
ihr hervor und sie verfällt in den Ton, den man aus einschlägigen
Predigersendungen im amerikanischen Fernsehen kennt: Sie sei neulich auf Leben
und Tod mit einer Lebensmittelvergiftung im Krankenhaus gewesen und da sei ihr
der „Lord“ in einer Wolke erschienen etc. etc. Sie redet sich regelrecht in
einen Rausch; alles verstehen wir nicht, weil sie immer schneller spricht. Sie
lässt sich auch nicht irritieren, als Gerold dazwischenfragt, was der „Lord“
denn zu ihr gesagt habe. Selbstverständlich verspricht sie, ein gutes Wort für
uns einzulegen, wenn sie das nächste Mal in spirituelle Verbindung zum „Lord“
tritt…
Dann erreichen
wir Santa Barbara. Die Universitätsstadt gefällt uns auf Anhieb gut. Sie liegt
toll, den Pazifik vor sich, die Berge im Rücken. Das Zentrum hat Charme mit
seinen vielen Cafés, Restaurants, Shops, richtig nett. Wir wohnen ca. 20 km entfernt in Goleta, wo
sich die Universität befindet, aber nach Santa Barbara hinein führt ein
wunderschöner Radweg. Drei Tage genießen wir die unglaubliche Gastfreundschaft
von Harold Marcuse, der uns mit seiner unkomplizierten, netten Art sofort
sympathisch ist. Er ist Professor für Neuere Deutsche Geschichte an der UCSB
(University of California Santa Barbara) – und begeisterter Radfahrer.
Marcuse??!! Ja, genau! Harold ist der Enkel von Herbert Marcuse, des berühmten deutsch-jüdischen Philosophen und Mitbegründers der "Frankfurter Schule", der 1933 aus Nazi-Deutschland in die
USA flüchtete.
Harold spricht perfekt Deutsch, sehr angenehm für uns, obwohl Deutsch nicht seine Muttersprache ist, aber er hat lange in Deutschland gelebt und studiert. Einmal besuchen wir eine Vorlesung von Harold und haben so auch Gelegenheit, den amerikanischen Universitätsbetrieb kennenzulernen. Das Campusgelände liegt übrigens nur einen Katzensprung vom Meer entfernt. Abends sieht man hier die Studenten in den Wellen reiten oder mit einem Surfbrett unter dem Arm auf dem Heimweg – Kalifornien, wie man es sich in den schönsten Klischees vorstellt……
Harold spricht perfekt Deutsch, sehr angenehm für uns, obwohl Deutsch nicht seine Muttersprache ist, aber er hat lange in Deutschland gelebt und studiert. Einmal besuchen wir eine Vorlesung von Harold und haben so auch Gelegenheit, den amerikanischen Universitätsbetrieb kennenzulernen. Das Campusgelände liegt übrigens nur einen Katzensprung vom Meer entfernt. Abends sieht man hier die Studenten in den Wellen reiten oder mit einem Surfbrett unter dem Arm auf dem Heimweg – Kalifornien, wie man es sich in den schönsten Klischees vorstellt……
In Santa
Barbara müssen wir uns neu orientieren. Eigentlich planten wir von hier aus
durch den „Death Valley National Park“ und die Mojave-Wüste nach Las Vegas zu
radeln, aber davon haben uns alle abgeraten. Dafür sind wir zu spät im Jahr, es
ist schon viel zu heiß. Mit Harolds Hilfe stellen wir grob eine neue Route
zusammen: Wir wollen über die Küstenberge, die hinter Santa Barbara aufragen,
ins „Central Valley“ fahren, von dort aus Abstecher in die Sierra Nevada zu den
bekannten Nationalparks Kings Canyon/Sequoia und Yosemite machen, und so
allmählich nach San Francisco zurückradeln.
Die Pacific Coast - Radroute verläuft weitgehend auf dem Highway 1.
Begegnung auf der Straße hinter Monterey:
Dieses Pärchen ist zu Fuß und per Anhalter von Seattle nach San Diego unterwegs.
Die Küste von Big Sur (1)
Die Küste von Big Sur (2)
Vom Campingplatz im Andrew Molera State Park ist es nicht weit bis zum Strand.
Wasserfall an der Küste im Julia Pfeiffer Burns State Park
Big Sur: Der Highway 1 verläuft hier unmittelbar an der Steilküste.
Kirk Creek Campground im Morgennebel
Hiker/Biker Sites auf dem Kirk Creek Campground
Unterwegs im morgentlichen Küstennebel
Im Laufe des Vormittags kommt allmählich die Sonne durch.
Sonne gegen Nebel auf der Küstenstraße
Los Angeles ist noch weit entfernt.
Geier bei einer Straßenmahlzeit
Im Los Padres National Forest haben wir besonders viele Steigungen.
Hinter Big Sur wird die Küste flacher.
See-Elefantenkolonie am Point Piedras Blancas
Hier kämpfen zwei Männchen.
Diesen See-Elefanten ist alles egal.
Hier verläuft die "Pacific Coast"- Radroute weit von der Küste entfernt.
Fast einen ganzen Tag lang fahren wir durch Gemüse- und Erdbeerfelder.
Rätselhafte "Kirche" im Örtchen Guadalupe
So gefährlich ist Amerika: Schilder am Campingplatz bei Lompoc
Die wirkliche Gefahr für uns ist aber der zum Teil starke Verkehr auf der Pacific Coast - Radroute.
Wenn wir wie hier einen breiten Seitenstreifen haben, fühlen wir uns einigermaßen sicher.
Dieser Kollege hatte Pech:
Gedenkstätte für einen tödlich verunglückten Radler am Freeway
Unterwegs auf dem Freeway zu unserem nächsten Campground
Refugio Beach: Unser schönster Campingplatz in Kalifornien
Hinter Refugio Beach fahren wir einige Meilen auf einem wunderschönen Radweg.
In Santa Barbara (Kalifornien) wohnen wir ein paar Tage bei Harold Marcuse.
Harold ist Professor für Neuere Deutsche Geschichte an der Universität von Santa Barbara, begeisterter Radfahrer ...
... und ein Enkel von Herbert Marcuse, einem der bedeutendsten Philosophen des 20.Jahrhunderts, Mitbegründer der "Frankfurter Schule" und Spiritus Rector der 68iger Studentenbewegung.
... und ein Enkel von Herbert Marcuse, einem der bedeutendsten Philosophen des 20.Jahrhunderts, Mitbegründer der "Frankfurter Schule" und Spiritus Rector der 68iger Studentenbewegung.
Amgen Tour of California Bike Race, "America´s biggest race" -
zeitgleich mit uns in Santa Barbara.
ist eine der vielen Touristenattraktionen der Stadt
Oldtimer-Parade auf der Strandpromenade
Orientierung im Schatten von blühenden Alleebäumen in Santa Barbara
Radweg am Strand
Wir verlassen Santa Barbara.